12.1.2025; Victoria;
Glaubt mir, ich freue mich richtig darauf jetzt mal wieder einen Angelbericht zu schreiben! Vielleicht haette ich doch ein Schriftsteller werden sollen.
Nachdem also auch die Jahresendfeiertage vom Winde verweht waren und sich keine Moeglichkeit ergeben hatte mal auf das Wasser zu verschwinden, war es letztes Wochenende nun endlich wieder soweit – kein Wind und nur am Morgen noch ein bisschen feucht von oben. Der neue Bootsmotor wollte nun endlich mal wieder von der Leine gelassen werden um die letzten noch fehlenden Einfahrkilometer abzuspulen. Ruckzuck machte ich das Boot fertig, Alexander kam auch mit und so brachen wir am Sonntag Vormittag zur Victoria Waterfront auf. Es gab ein paar verheisende Berichte vom Tag zuvor und dort wollten wir dann auch anknuepfen. Mal wieder so richtig was an der Rute zerren zu spueren, waere toll! Und auch die Tiefkuehltruhe koennte Nachschub gebrauchen – ueber die Feiertage wurde einiges an Fisch, insbesondere Raeucherlachs, verbraucht.
An der Bootsrampe angekommen, erwartete uns schon ein voller Parkplatz. Da waren wohl einige andere Angler auch schon hibbelig um mal wieder rauszukommen! Wir liessen MaxWaldi zu Wasser und duesten dann vor die Kueste. Wasser war nur leicht kraeuselig und hinter den letzten Regenwolken kam auch schon blauer Himmel im Westen hervor. Ein schicker Regenbogen hing ueber dem Nordufer und bekanntlich findet man ja Gold am Ende. Das Ende war auch ungefaehr dort wo ich heute hinwollte – nur hoffte ich eher auf Silber statt Gold!
Mit dem neuen 140ger Motor waren wir im Nu am Platz vor Albert Head. Dort lag ein grosses Containerschiff vor Anker und dort herum sollten sich die Winterlachse (unreife Chinooks) herumtreiben. Und dort schleppte auch schon eine stattliche Armada. Das Wort hatte sich wohl schnell herumgesprochen. Social Media! Wir packten zwei Schleppruten aus und liessen sie mit schlanken Blinkern bestueckt in Grundnaehe. Ein Blinker war der zuverlaessige Cohokiller in glow-gruen. Der andere war ein bisschen groesserer Amundson Blinker in der kleinen Heringklasse. Alex ging dann gleich mal under Deck zum Nachschlafen. Ich zog den Cohokiller ganz dicht ueber Grund – hinterliess sogar stellenweise eine Schleifspur am Grund um die Sandaale aufzuschrecken was die Lachse unwiderstehlich anlockt. Der andere Blinker schleppte vielleicht 3-5 m ueber Grund.
Bald ruckte die tiefe Rute los und ich brachte einen gerade massigen Chinook hoch. Da sollte noch mehr gehen heute, und so hakte ich ihn schnell wieder ab. Ein Flick mit der Zange – ohne den Lachs zu beruehren. Er schoss wieder in die Gruene Tiefe. Dabei dachte ich an die gerade veroeffentlichten neuen Ergebnisse einer Ueberlebensstudie beim Catch&Release Lachstrolling. Auch wenn einige der Studienmethoden weitere Fragen aufwerfen, war das die laengste und detailierteste Studie jemals um die Ueberlebenschancen eines freigelassenen Lachses zu erforschen. Nicht verwunderlich, dass die Studie einige einflussreiche Faktoren herausstellt: wird der Lachs gekeschert und erst ins Boot geschleppt oder (wie ich es meistens praktiziere) gleich neben dem Boot unberuehrt abgehakt; oder die Groesse des gefangenen Fisches (kleine Lachse sind viel empfindlicher), oder eben was fuer Hakenarten verwendet werden. Den Studienergebnissen zufolge koennte bald ein Drillingsbann beim Lachsangeln kommen. In der Studie wurden Angler jedes Geschicklichkeits-und Erfahrenheitsgrades beschattet. Erschrocken hat mich allerdings die Sterblichkeitsrate von der schlechtesten Anglerkategorie; da wurde eine Sterblichkeit von bis zu 40% der freigelassenen Lachse gefunden. Das ist wirklich schrecklich und erbaermlich! Da muss noch viel Aufwand in Aufklaerung und Bildung gesteckt werden. Sowas muss nicht sein! Bei anstaendiger Ausfuehrung des Catch & Release kann man die Sterblichkeit auf 10% und weniger beschraenken. Ich wage mal zu sagen, dass ich das regelmaessig erreiche.
Wir sahen, dass eine Menge der anderen Boote in etwas flacherem Wasser schleppte. Und hier und da sah man auch Action auf den Booten. So zog ich unsere naechste Runde etwas flacher und kam dicht an einer langen Garnelenfallenschnur mit Boje vorbei. Das war das Geraet von Berufsfischern und man bleibt diesem fern da einmal darin verfangen, war das Angelzeug normalerweise hoffnungslos verloren. In der Mitte einer weiten Schleife ruckte ploetzlich meine hoehere Rute los und loeste aus. Ich schnappte mir die Rute und ruckte an. Solider Widerstand – so viel das ich fuer einen Moment befuerchtete ich hinge im Garnelenzeug fest. Aber dann zog es ploetzlich unaufhaltsam Schnur von meiner Rolle und ich spuerte harte Kopfstoesse. Jawoll! Das war ein richtiger Fisch! Jetzt nur cool bleiben und mich erinnern wie man einen Grosslachs drillt!
Der Fisch zog wirklich 2 oder 3 Mal 20-30m Schnur von der Rolle! Alex hatte die zweite Rute eingeholt und wartete mit dem Kescher. Die anderen Boote machten einen weiten Bogen um uns. So konnte ich den Lachs in aller Ruhe ausdrillen – wenn nur der Haken festhielt! Dann hatte ich den Burschen in Bootsnaehe und wir sahen ihn zum ersten Mal. Ich war etwas enttaeuscht – nachdem sportlichen Drill haette ich ihn mir groesser vorgestellt. Aber es war ein Guter! Noch ein paar Widerspenstigkeiten neben und hinter dem Boot und dann schlidderte ich den Fisch ins wartende Netz. Geschafft! Wir klatschten uns freudig ab. Ein schoener Winterlachs! Lang aber schlank und am Ende war er sicher nicht schwerer als 8 Pfund aber er hatte sich ueber seiner Klasse verkauft. Hat Spass gemacht!
Bald schleppten wir motiviert weiter. Und nicht lange danach rappelte ploetzlich wieder die hoehere Rute los. Diesmal drillte Alexander einen 5-6 pfuendigen 60 cm Lachs ans Boot. Der durfte auch mit. Feiner Fang bisher. Aber erstaunlich war, das die tiefe Rute mit dem unfehlbaren Cohokiller heute die zweite Geige spielte und der groessere Blinker hoeher im Wasser die meiste Action brachte. Und das ging so weiter. Wir fingen noch 5 oder 6 weitere vielleicht 45-55 cm Lachse die wir aber wieder freiliessen. Nochmal einen richtigen Brocken bitte! Und der kam tatsaechlich! Wieder an der hoeheren Rute und es fuehlte sich schwer an aber nahm keine Schnur und war ziemlich lahm im Vergleich zu dem frueheren. Ich hievte und hievte den Fisch Stueck fuer Stueck naeher – dachte schon an Lingcod oder einen kleinen Heilbutt. Aber dann sahen wir etwas Silbriges auftauchen. Es war ein Lachs und der war mindestens die 8 Pfund des vorherigen. Aber erst jetzt dicht am Boot spielte er verrueckt. Und wie! Er raste hin und her und unter dem Boot hindurch. Und weil wir die zweite Rute noch draussen hatten musste ich ihn nun auf Biegen und Brechen von der anderen Seite fernhalten. Und das kostete uns den Fisch denn ploetzlich kam mir der Blinker und Flasher entgegengeflogen. Schade! Den haette man etwas vorsichtiger drillen muessen aber das war ein unberechenbarer Drill und komischer Fisch gewesen.
Wir fingen dann noch 2 oder 3 knapp massige Lachse aber es schien die Fische wurden kleiner statt besser. Ich ueberhoerte einen Funkspruch nachdem es in Pedder Bay auch Beisszeit war. Ich beschloss hier abzubrechen und die 15 Minuten dorthin zu fahren. Erstens, vielleicht waren die Lachse dort groesser, und zweitens musste ich fuer den Motor noch ein bisschen Strecke machen heute um die Einfahrzeit herumzukriegen. Also packten wir ein und fuhren mit 2 Lachsen in der Kiste nach Pedder Bay im Westen. Ich musste hoellisch aufpassen denn es war eine Menge Treibholz im Meer was gegen die Sonne und bei leicht gekraeuseltem Meer schwer zu erkennen war. Aber wir kamen ohne groesseren Kontakt durch.
In Pedder Bay zogen auch so um die 10 Boote ihre Schleifen. Ich mag hier immer dicht vor einer Navyboje in etwa 40m Tiefe zu fischen. Es war hier sandiger Boden und so konnte man aggressiv am Grund schleppen. Wir waren gerade an der Boje vorbei und mein Cohokiller rappelte ueber Grund als diese Rute ploetzlich ausloeste. Fish on! Der machte wieder schoen Alarm an der Rute auch wenn er kein Riese war. Nach paar Minuten kam wieder ein feiner 60 cm Lachs ans Boot und Alex sackte ihn fachgerecht ein. Klasse! Nummer 3! Wenn der Groessere von vorhin besser gehangen haette, waeren wir nun fertig. Aber wir hatten noch ein bisschen Zeit.
Es war nun ein herrlicher Fruehlingstag; die Sonne brannte auf uns herunter und ich zog sogar meine Jacke aus. Anfang Januar! Wir hatten noch 2 weitere Anfasser die aber beide nur kleine Shaker waren. Etwas groesseres konnten wir leider nicht mehr ueberreden und so packten wir schliesslich mit 3 Lachsen als Beute ein. Damit war ich total zufrieden. Mission erfuellt; Motoreinfahrzeit abgehakt, die Familie mit Fisch versorgt und die Anglerseele tief befriedigt. Und dabei noch Raum zur Verbesserung gelassen! Hoffentlich bald!