Beiträge von cohosalmon

    17.9. 2022; Sooke


    Kein Wind, keine anderen Verbindlichkeiten – also angeln gehen, was sonst! Die Cohos waren voll im Ansturm vor Sooke und so zog es mich wieder dahin. Sollte ein Solotrip werden.


    Nach der erfrischenden Fahrt den gesamten Sooke Fjord entlang, stoppte ich nahe an der Fjordmuendung an den Sooke Bluffs. Das ist eine ganz unscheinbare Stelle, die aber am Ende der Flut aus irgendwelchen Gruenden oft Futterfisch und damit Lachs anzog. Es war ein sacht abfallender sandiger Abschnitt mit 30-50m Tiefe; keinerlei Struktur. Die Flut muss da wohl Kehrstroemungen erzeugen welche Futter konzentriert. So jedenfalls meine Theorie.


    Bei Sonnenschein, 23 Grad und null Wind machte ich 2 Ruten klar. Ich wollte heute mal eine Anglerweisheit widerlegen und wollte sehr langsam auf Cohos schleppen. Die gaengige Weisheit lautete, dass man auf Cohos extra-schnell schleppen muss. Aber ich hatte schon etliche Cohos beim gemuetlichen Schleppen auf Chinook gefangen und wusste so, dass es da zumindest eine Menge Ausnahmen geben muss. Ein Kumpel von mir, Rick, war an diesem Tag auch auf Coho unterwegs und ich wusste, dass er etwas weiter draussen angeln wuerde. Rick wuerde flott schleppen – wie es sich eben auf Coho gehoert. Mal sehen wer am Ende besser abschnitt!


    Ich suchte mir 2 Koeder die langsam gut liefen – da war einmal ein kleiner knal-oranger Apex und dann ein kleines Gummi-Glitzer Shrimpimitat. Die sollten bestens ins Coho Koederschema (Krill, Shrimp, Kleinfisch) reinpassen. Der Apex ging auf 15m Tiefe und der Gummi auf 25m. Und dann schleppte ich schoen laaaaangsam im Zickzack durch die Gegend. Ich sah zwei andere Boote in der Naehe; und am Horizont bei Secretary Island vielleicht 50 oder mehr Boote. Dort war auch Rick unterwegs. Es dauerte nicht lange und die tiefe Rute ruckte los – ein mittlerer Coho, unmarkiert. Wurde gleich wieder abgehakt. Dann eine Weile nichts. Ich drehte eine Schleife ins flacherer Wasser und fand eine Futterwolke am Echolot. Hier musste doch was sein. Bei der naechsten harten Linkskurve zog wieder die Rute mit dem Gummishrimp ab. Auf der Kurveninnenseite. Das war ein praechtiger wilder Coho – um die 10 Pfund. Durfte wieder schwimmen. Gleich drehte ich wieder Richtung der Futterwolke und wieder produzierte das Shrimpimitat einen Biss. Der Fisch schuettelte aber schon nach paar Sekunden den Haken ab. Aber es schien, dass die Cohos tiefer standen.


    Obwohl etwas riskant wenn Solo-Fischen, stellte ich nun die Apexrute auch so auf 20m Tiefe ein und drehte weiter meine Kreise. Jetzt brach Chaos aus auf MaxWaldi! Erst riss es hart an der Apexrute und als ich den Schleppmotor in Standgas gestellt hatte um den Fisch bequehm zu drillen, zog nun auch die andere Rute hart an: Doppelbiss! Ich loeste die Bremse der zweiten Rute etwas und liess den Lachs an der Leine toben. Auch der erste war ein guter Kaempfer und rauschte paar Mal an der Oberflaeche kreuz und quer hinter dem Boot. Nur nicht die Schnuere ueberkreuzen! Ein anderes Boot sah wohl das Spektakel und schleppte dicht vorbei und der Captn winkte mir lachend zu. Der Spass war mir wohl anzusehen! Dann hatte ich den Ersten am Boot und hielt ihn am Vorfach fest um die Fettflosse sehen zu koennen. In dem Moment als ich die Fettflosse eindeutig erkennen konnte, hebelte sich der Kerl auch schon vom Schonhaken frei. Gut so. Dann sprang ich schnell zur zweiten Rute rueber und nahm Fuehlung auf – jupp, der war auch noch dran. Er hatte sich mittlerweile schon muede getobt und kam ziemlich willig an’s Boot. Ein klasse Fisch – bestimmt knapp 10 Pfund. Aber wieder unmarkiert und damit Freilasskandidat.


    Und jetzt ging das so weiter. Ich hatte noch 2 oder 3 Doppelbisse und noch viele Einzelbisse. Alles auf einer Flaeche von vielleicht 300x300m. Und oft kam der Biss auf der Kurveninnenseite wo der Koeder noch langsamer lief. Der Apex war ein wahrer Cohoverfuehrer. Er fing am Ende bestimmt 75% der Fische. Ich hatte noch das Glueck 2 markierte zu erwischen auch wenn diese mit die Kleinsten des Tages waren. Ich musste mindestens 20 oder 25 Cohos ans Boot gebracht haben. Wirklich eine weltklasse Angelei und dann noch bei solchem tollen Altweibersommerwetter! Der groesste des Tages blieb der 10 Pfuender gleich am Anfang. Alle Cohos waren noch silberblank.


    Zurueck an der Marina filetierte ich meinen Fang. Rick kam eine halbe Stunde spaeter hinzu und jetzt war ich mal gespannt: er hatte einen kleineren Chinook und einen markierten Coho. Und ausserdem noch 2 unmarkierte Cohos freigelassen aber sonst keinen berauschenden Tag gehabt, meinte er, obwohl er locker die 5fache Distanz zurueckgelegt hatte. Als ich von meinen ermuedeten Armen erzaehlte, war er verbluefft. Auch wenn das kein ernstzunehmendes wissenschaftliches Experiment war, gaben die Ergebnisse aber doch ein paar Schluesse her: Cohos beissen auch sehr gut auf langsam gefuehrte Koeder; eine Stelle mit Futter und Cohodichte zu finden ist das A und O. Haette Rick an meiner Stelle im Eiltempo auch gut gefangen – wahrscheinlich ja. Haette er viel besser gefangen als ich im Schneckentempo – bezweifele ich, ging gar nicht. Werde ich das jetzt grossartig bekanntgeben und ausposaunen? Noee! Ihr duerft das aber wissen.


    3.9, und 4.9. 2022; Sooke cont.


    So duesten wir die kurze Strecke dahin und liessen uns nahe des Walbootes treiben. Dann kam der Buckelwal ploetzlich wieder an die Oberflaeche und die Jungs bekamen einen tolle Show. Nach vielleicht einer halben Stunde war er dann fuer laenger abgetaucht und ich beschloss mit Alec einfach von hier zurueck zur Kueste zurueckzuschleppen. Wir fingen noch den einen oder anderen wilden Coho und ein paar Shaker und der Wal tauchte dann bald wieder links und rechts von uns auf – er schien uns in flachere Wasser zu folgen. Das haette man ja nicht besser planen koennen fuer einen Touristentrip!


    Es war jetzt Zeit fuer den Stroemungsumschwung von Flut auf Ebbe und waehrend das auch eine heisse Angelzeit auf Lachs war, schlug ich vor es mal auf Heilbutt zu versuchen. An so einem Tag wo alles zu klappen schien, musste man es darauf ankommen lassen. Die Jungs waren einverstanden. Der Kescher war eh im Eimer und so wuerde der naechste Grosslachs, wenn er denn noch kaeme, sowieso eine Herausforderung. Ich fand auf der Karte eine schicke Untiefe – vielleicht 20 Minuten weg von hier. So duesten wir dahin und warfen den Anker. Leider rutschten wir in ein bisschen tieferes Wasser ab als ich vorhatte – es war schon 120m tief als wir endlich haengenblieben.


    Alec stimmte die Gaeste schon auf Dornhaie ein, welche eigentlich immer beim Buttangeln vor Ort waren. Nur bei 120m Angeltiefe versprach es kein grosser Spass zu werden, sich um diese Plagegeister zu kuemmern. Aber unsere beiden Gaeste hatten Spass daran einige dieser Haie nach oben zu kurbeln und dort zu beschauen. Alec zeigte ihnen den Stachel und deren scharfe Kauleiste. Leider zeigte kein Butt Interesse an unseren Koedern. Der Wind legt nun auch merklich zu aber ich wollte noch etwas ausharren. Auf einmal rief Alec auf und zeigte mit gestrecktem Arm neben das Boot. Wir drehten uns alle gleichzeitig um … und hatten den Mund offen. Eine 2m hohe Flosse ragte nur ein paar Meter neben dem Boot aus dem Wasser: Orcas! Ein Pod von vielleicht 5 oder 6 kam direkt auf das Boot zu und drehte erst kurz davor seitlich ab. Sie schnauften beim Einatmen und wir konnten ihre weissen Flanken und Baeuche sehen. Der Bulle hatte ein beeindruckendes Schwert auf dem Ruecken. Die Jungs waren total aus dem Haeuschen. So eine Show kriegt man selbst hier nicht oft geboten! Mittlerweile darf man als Freizeitbootsfuehrer nicht mehr aktiv auf Orcas zufahren, um sie nicht zu stoeren. So sieht man sie meist nur noch aus der Entfernung. Aber wenn die Kerle von selber so dicht an das Boot kamen…? Toll!


    Dann wurde es uns zu schaukelig und wir packten ein. Auf dem Rueckweg zogen wir noch die Krabbenfalle ein und hatten doch tatsaechlich zwei Keeper, genug fuer die beiden Neulinge fuer ein feines Westcoast Dinner. Man muss schon sagen, so ein Glueck wie die beiden auf ihrer ersten Angeltour auf dem Pazifik hatten, das war schon erstaunlich. Sie hatten eine Menge Geschichten zu berichten und schoene Fotos zur Erinnerung. Dazu noch feinste pazifische Cuisine.


    3.9, und 4.9. 2022; Sooke


    Hoechste Zeit mal wieder zu berichten sonst falle ich zu weit zurueck und kann mich nicht mehr erinnern! Hatte einfach keine Zeit und Muse zum Schreiben gefunden – dabei gab’s ein paar schoene Fischerlebnisse. Bin aber auch 2 Wochenenden mit meiner Frau Bootscamping in die Gulf Islands gefahren. Das laeuft dann zwar ohne Angelruten ab, war aber trotzdem ein schoenes Wassererlebnis mit schoenen Straenden in versteckten kleinen Buchten, verrueckt ausgewaschenen Felsklippen in der Brandung, Delfin- und Otterbegegnungen, schicke Boote in den Marinas und eine tolle Hippiebustour zum Hummingbird-Pub auf Galiano Island. Und bei bestem Sommerwetter!


    Fuer den 3. September hatte ich 2 Angelderbytickets gekauft. Das veranstaltet die South Vancouver Island Anglers Coalition; ein Benefits-Derby um Lachsbestandstuetzmassnahmen in Sooke zu finanzieren. Ich haette denen sowieso wie jedes Jahr ein paar Scheine gespendet aber ich dachte dann warum nicht fuer das Geld ein paar Tickets zu kaufen und mitzumachen und vielleicht sogar noch was zu gewinnen? Da meine Soehne beide noch in Deutschland waren, lud ich meinen quasi-Adoptivangelsohn Alec ein. Er war sofort Feuer und Flamme. Super wetteifernd dieser jungen Mann! Wir uebernachteten gleich an der Sunny Shores Marina in Sooke – er im SUV und ich im Boot – um uns das Gedraenge an den Bootsrampen am fruehen Morgen zu sparen.


    Leider wurde es ein sehr windiger und welliger Tag. Aber wir kaempften uns zu den heissen Stellen bei Otter Point und Muir Creek durch und gesellten uns zur Armada die mit oder ohne Derbyticket noch die letzte Chinookwelle vor dem Saisonende abfangen wollte. Es kamen aber leider kaum neue Lachse durch und wir hoerten von allen Richtungen das Gleiche ueber Funk: Totenstille, nur Kleinlachs. Auch wir konnten trotz aller Anstrengung und dem gesamten Koederarsenal im Einsatz keinen vernuenftigen Lachs landen. So standen auch wir mit leeren Haenden bei der Wiegestelle und Gewinnerzeremonie da – wie so viele andere auch. Aber ein paar Angler hatten ein paar gute Lachse hier und da gefunden und ueberlistet. So war der Sieger wenigstens noch ein ordentlicher Lachs von ueber 20 Pfund. Nach 3 oder 4 Lachsen in den hohen Teens wurde es dann aber schon peinlich klein. War die Saison schon so frueh zuende oder hatten wir nur eine Aufstiegsluecke erwischt? Wir sollten es bald erfahren!


    Alec hatte 2 auslaendische Studenten bei sich zu Hause einquartiert; einer aus Italien und einer aus Mexiko. Beide wuerden gerne mal mit zum Angeln auf’s Boot mitkommen, meinte er schon die vorherige Woche. Und so hatten wir ausgemacht die beiden am Tag nach dem Derby mitzunehmen. So liess ich MaxWaldi nach dem Derby noch eine Nacht in der Marina und am Sonntag den 4.9. fuhren wir nochmal mit den beiden Frischlingen raus. Der Tag sollte wesentlich windstiller werden als der Tag zuvor. Erst am Nachmittag war aufkommender Wind angesagt. Ich hatte mir einen Plan gemacht; erst die Krabbenfalle raus im Sooke Fjord vor der Marina. Dann zum Lachsangeln direkt vor der Fjordmuendung und von da aus nach Walen Ausschau halten denn die beiden haetten liebend gerne mal einen Wal in der natuerlichen Umgebung gesehen. Und dann ab Mittag koennte man mal auf Heilbutt probieren denn die Gezeiten passten dann ganz gut. Nur das ich eigentlich nie vor Sooke auf Heilbutt geangelt habe und keinerlei Erfahrung mit wann und wo dort habe. Aber versuchen koennte man es ja mal – geben tut es die dort, soviel war klar.


    Alec war Tourguide fuer die beiden und erklaerte all die Dinge die es zu sehen gab. Das fing an mit den Robben die faul auf den Wellenbrechern an der Marina lagen. Dann wie die Krabbenfalle funktionierte. Als wir dann vor dem Sooke Fjord auf die Juan de Fuca Strasse kamen, weisste er sie in die Kuenste des Trollingangelns ein. Waehrend wir nun 2 Ruten auf unterschiedlichen Tiefen auf Coho und vielleicht einen spaeten Chinook fischten, kam eine Delfingruppe in Sicht und spielte oder jagte in Bootsnaehe. Die beiden Neulinge erfreuten sich sehr an diesem Anblick. Dann ruckelte auch schon eine der Ruten los, und bald auch die zweite und Alec und ich hatten alle Haende voll zu tun die Jungs im Drill zu coachen und die zu kleinen oder unmarkierten Lachse abzuhaken. Bis jetzt noch keine Keeper. Aber es sah fischig aus hier, dachte ich, Delfine, Voegel, hier und da Futterfischsignale auf dem Echolot…


    Da rappelte ploetzlich die Blinkerrute los und Alec hieb an und gab die Rute an Stefano. Der drillte nun unter Alec’s Aufsicht einen feisten Coho zum Boot. Edgar und ich beobachteten das aber ich wurde ploetzlich aus dem Beobachterstatus herausgerissen als ich die Koederfischrute ohne Vorwarnung nach hinten ziehen sah. Ich sprang auf, schnappte mir die Rute hieb an und fuehlte kraeftigen Widerstand – und der Fisch zog auch gleich ab! Oha, ein gewichtiger Fisch! Ich drueckte dem verbluefften Edgar die Rute in die Hand und riet ihm die Finger, so lange der Lachs rannte, erst einmal von der Rolle wegzuhalten. Der Fisch stoppte mal kurz und zog dann wieder an und Edgar wusste nicht so richtig wann er die Rolle bedienen sollte und bekam ein paar Mal die Kurbeln auf die Finger gepruegelt. Aua! Aber bald kam er in den Give-and-Take Rhytmus. Ploetzlich durchbrach etwas die Oberflaeche, vielleicht so 20m hinter dem Boot. Whooaaa! Ein grosser Lachs kaptapultierte sich voll aus dem Wasser und ueberschlug sich in der Luft. Wow! Und das trotz Flasher! Entweder war das ein rekordverdaechtiger Coho, die ja fuer Akrobatik bekannt sind, oder ein guter Chinook der voll durchgeknallt war. Und nochmal kam er voll aus dem Wasser gesprungen! Jetzt hatte es auch Edgar gesehen und yahoote auf dazu.


    Mir war etwas bange ob der Schonhaken solche Kapriolen lange mitmachen wuerde, aber bis jetzt ging alles gut. Alec und Stefano bekamen das Spektakel natuerlich mit und beeilten sich ihren Cohodrill schnell zu beenden. Ihr Fisch stellte sich wieder als ein ordentlicher wilder Coho heraus, der am Boot schnell abgehakt wurde. Dann wurde das Deck schnell zum Grosskampf prepariert. Als Edgar’s Lachs in Bootsnaehe kam und doch noch einige Finten auf Lager hatte, coachte und unterstuetzte Alec den Faenger in allen Belangen. Wir sahen bald einen schoenen Chinook hinter und neben dem Boot kreuzen. Hoffentlich konnten wir ihn landen! Edgar machte das mittlerweile sehr gut und liess den Fisch immer wieder Schnur wenn er kurz vor dem Kescher nochmal auswich. Ich machte den Kescherstiel ganz lang und als der Lachs mal wieder faul Richtung Boot kam, half Alec Edgar hart anzuziehen und zog Edgar mit zurueck zur anderen Bootsseite so dass der Fisch an der Oberflaeche zum Boot gezerrt kam und ich Platz hatte zuzulangen. Versenkt! Ich sackte den Lachs ein und hob ihn unter lauten Jubel ins Boot. Das dabei der Kescher zerbrach war erstmal nur eine Randnotiz.


    Die Jungs jubelten und staunten, und als ich ihn abgeschlagen hatte, betatschten sie den schoenen Fisch bewundernd. Bis wir dann noch eine ganze Serie Fotos gemacht hatten und dieses und jenes erklaert hatten, waren wir schon weit von der Fangstelle abgetrieben. Der blitzblanke Chinook war nicht ganz 20 Pfund und haette uns gestern im Derby einen der hoeheren Plaetze beschert. Wo war der gestern gewesen!? Ich versuchte uns gegen die Flutstroemung wieder zur Fangstelle zurueckzuschleppen, aber merkte bald, dass das eine ganze Weile dauern wuerde. So wog ich schon ab das Geschirr einzuholen und mit dem grossen Motor schnell zurueckzufahren. Da bemerkte ich wie ein grosses Walbeobachterboot vielleicht einen Kilometer von uns entfernt auf seinem Weg nach Westen ploetzlich stehenblieb. Ich suchte die Gegend um das Boot mit dem Fernglas ab und nach paar Minuten konnte ich doch tatsaechlich einen Walbuckel unweit des Bootes ausmachen. Ich fragte meine Crew ob sie vielleicht lieber kurz eine Angelpause machen wollten und zum Buckelwalbeobachten weiter rausfahren wollten. Unbedingt, war die einstimmige Antwort.

    15.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 5 cont.


    Ich fing noch einen und liess die natuerlich wieder frei. Wir wollten nur noch mit Kapitalen spielen! Bald holten wir ein und fuhren zum Camel Rock wo Carl schon fleissig unterwegs war. Er berichtete sie haetten schon 2 Chinooks in den Teens aus den Felsen gekratzt. Aehnlich dicht unter Land wie bei Rosa, meinte er. Das war im Gegensatz zu dem was die meisten anderen Boote um uns herum zu tun schienen. Die waren alle etwas weiter draussen. Aber wir sahen ein paar kleinere Lachse die hier und da gekeschert wurden. Also Lachs war da, die Grossen schienen dicht am Ufer, die Kleineren weiter draussen – war klar was wir machen wuerden. Dave und ich montierten je eine Koederfischschlepprute und stellten sie auf flach zwischen 10 und 15 m Tiefe und dann fuhr ich die Felskanten ab. Auch wenn uns kaum ein anderes Boot in die Quere kam, war es doch ein kitzeliges Unterfangen da die Gegend um Camel Rock super riffig war und man keine gerade Linie fahren konnte und man oefter die Koeder hoch und gleich wieder runterlassen musste.


    Ich sah eine Untiefe vielleicht 50 m vom Ufer – die kam bis kurz unter die Oberflaeche hoch. Zwischen diesem Riff und dem Land war aber eine Passage die an der flachsten Stelle noch 10m tief war. Der Grund kam aber urploetzlich von 20 auf 10m hoch und wenn wir es da durch probieren wollten, mussten wir hoellisch aufpassen. Dave war gewarnt und stand an seinem Downrigger. Ich war am Lenkrad aber sprungbereit: wir hatten unsere Koeder bei 17m dicht am Boden und ich fuhr in die Passage rein – warte, noch eine Sekunde, der Boden kam hoch; 19, 18, 17m – ich sprang zum Rigger und wollte den Knopf druecken da riss es meine Rute zurueck und gleich aus dem Clip. Ich holte trotzdem noch schnell das Downriggerblei hoch und schnappte mir dann die Rute. Fish on. Im selben Moment zog auch Dave’s Rute ab. Doppelbiss – und zwei Monster! Beide Fische rasten weg vom Boot und gleich ueberkreuz so dass ich unter Dave’s Schnur durchkriechen musste. Ausserdem musste ich das Boot noch durch die Passage steuern – etwas weiter rechts war es nur 2-3 m tief. Hoffentlich setzten sich unsere Fische nicht irgendwo in diesen Klippen fest oder scheuerten die Schnur an einer scharfen Kante durch. Das war keine leichte Drillstelle.


    Aber es war ein Heidenspass zwei grosse Lachse gleichzeitig zu drillen. Meiner blieb Gott sei Dank bald stehen und sausste nur noch hin und her und waelzte sich auch mal an der Oberflaeche. Das war ein Brocken, das konnte man schon sehen! Dave’s Fisch war immer noch voll in Fluchtmodus und machte uns Sorgen. Ich konnte das Boot hier nicht umdrehen und ihn verfolgen. Dave meinte das waere der groesste Lachs den er seit einer ganzen Weile gedrillte haette. Endlich blieb sein Fisch stehen und kam nun zurueckgeschossen. So schnell das Dave den Anschluss verlor und …jupp… Fisch weg. Ach, er war enttaeuscht, ich haette ihm den Brocken sehr gegoennt – er waere ja eh wieder freigelassen worden. Aber wir hatten keine Zeit fuer ein Trauerfest – ich hatte ja meinen Brocken noch dran. Vielleicht war es auch besser so – vielleicht haetten wir am Ende beide verloren bei dem Versuch zwei Kapitale gleichzeitig fuer Catch&Release zu landen.


    Dave steuerte jetzt das Boot von den Klippen weg und nun hatte ich etwas mehr Tiefe zum drillen. Und der Lachs war wirklich sportlich und schickte mich von einer Bootsseite zur anderen und auch als ich ihn in Bootsnaehe hatte, sausste er noch paar Mal unter dem Boot durch. Ich wollte den Drill nicht zu lange herauszoegern denn das Oberflaechenwasser war warm und der Fisch sollte sich nicht toedlich verausgaben. Ich zog dann mal hart an als er in Bootsnaehe war und Dave sackte ihn im Kescher ein. Gewonnen! Ein toller goldener Fisch! Das war sicher der Groesste fuer mich auf unserer Tour – am letzten Tag! Fantastisch. Koennte an Carls Fuehrung heranreichen – war sicher in den unteren 20 Pfund aber genau werden wir es nie wissen denn ich wollte die reife Lachsdame nicht lange belaestigen. Haken kam gut raus noch im Kescher aussen am Boot, ein kurzes Foto und dann torpedierte ich sie mit Schwung ins Wasser so dass sie schnell ins tiefere und kuehlere Wasser kam. Ich sah sie noch wie der Blitz davonhuschen. Klasse! Wir klatschten uns ab und jetzt bedauerte ich nochmal Dave’s Verlust. Seiner haette noch groesser sein koennen – nach der Monsterflucht zu urteilen. Naja, was soll’s.


    Wir funkten das zu unseren Freunden hinueber und beide Boote kamen auch hierher. Wir waren etwas abgetrieben und schleppten von der Nachbarbucht, wo wir gelandet waren, wieder zu der Untiefe zurueck. Ich hatte es mir gerade wieder im Fahrersitz bequehm gemacht, da sah ich wie meine Rute schon horizontal nach hinten bog und die Rolle zu kraechzen begann. Wow, Fish on! Und schon wieder ein Tank! Es war ein toller Spass solche Brocken tief in einem geschuetzen Fjord bei glattem Wasser, Sonnenschein und im flachen Wasser zu drillen. Herrlich. Nach einer Weile hatte ich wieder so einen Goldbarren am Boot – fast identische Groesse. Dave kescherte ihn wieder und wieder versuchte ich die Haken noch im Wasser zu loesen. Aber hier war das nicht so einfach – der hatte tief geschluckt und der lose Angsthaken hing im Kiemenbogen. Der Lachs fing an moerderisch zu bluten. Der wuerde das nicht ueberleben. Ich fluchte leise denn es war nicht meine Absicht gewesen noch einen Chinook zu toeten – obwohl ich noch einen freien Platz auf meiner Lizenz hatte. Als ich die Haken raus hatte, hielt ich die Lachsdame fuer ein Foto hoch und das Blut rann dick an meiner Hand runter. Es hatte keinen Sinn diesen Lachs wieder freizulassen. So schlug ich ihn ab.


    Waehrend Dave noch was weiterschleppte, machte ich mich ans Ausnehmen dieses schoenen Lachses. Es war ein markierter Chinook – nicht das es da viel Zweifel gab das ein reifer Chinook hier tief im Nootka Sound ein Conuma Hatcherylachs waere, aber die Markierung war der eindeutige Beweis. Kanadische Hatcheries markieren (Fettflosse abgeschnitten) eigentlich nur Lachse denen sie einen Chip mit Daten einimplantieren. Also der hier hatte wohl einen Mikrochip im Kopf. Man soll solche Lachskoepfe mit einem Label versehen und ans Fischereiministerium einsenden, damit die die Daten auswerten koennen. Dazu sind an vielen Marinas Tiefkuehltruhen aufgestellt. Mal sehen ob es sowas in Gold River gab. Als Belohnung bekam man dann irgendwann einen Brief mit einer Beschreibung des Fisches und was sie darueber herausgefunden haben (Alter, Herkunft). Ich mag solche Rueckmeldungen.


    Bis ich mit der Fischverarbeitung fertig war, war auch unser Angelzeitfenster abgelaufen. Das war nochmal ein toller Abschluss unserer Reise gewesen; Carls Boot hatte insgesamt 4 Chinooks zwischen 10 und 15 Pfund gefangen und wieder entlassen, wir hatten 3 Kapitale dran und 2 gelandet und einen behalten. Nur Jerrods Boot hatte nur einen kleineren Coho erwischt. Aber es hatte allen Spass gemacht. Dann duesten wir die restlichen 40 Minuten bis nach Gold River und holten problemlos unsere Boote heraus und luden sie auf die Haenger. Dabei wurden wir von Fischereiministeriummitarbeitern angesprochen die hier Kontrolle und Proben nahmen. Die waren total scharf auf meinen Lachskopf den ich natuerlich gerne hergab. Dann besorgte ich mir noch 2 Tueten Eis fuer meinen unerwarteten Fang und dann ging es heimwaerts. Jerrod fuhr hinterher und ein bisschen langsamer als wir zwei vorneweg. Kurz vor der Stadt Campbell River meinte ich zu Dave das das wohl der erste Angeltrip mit unseren Freunden und mehreren Booten war, auf dem nicht eine Panne oder technische Probleme waren. Teils dank der neuen Motorisierung unserer Freunde. Haette ich nicht sagen sollen – als wir in Campbell River auf dem Mall-Parkplatz auf Jerrod warteten um gemeinsam Mittag zu essen und dann Joshua und die extra Fischkisten an Glenn’s Truppe zu uebergeben, kam Jerrod spaet und mit einer Qualmwolke hinter sich her. Als er auf dem Parkplatz endlich anhielt, dampfte sein linkes Anhaengerrad. Radlager total zerschossen. Das er das ueberhaupt noch bis hierher geschafft hatte, war reines Glueck. Wir hatten alles dabei und nach 2 Stunden herumfrickeln konnte er wieder fahren. So schnell kann es gehen. Man soll nie zu frueh den Tag loben! Ansonsten waren wir alle hoch zufrieden mit dieser Tour und was Nootka-Esperanza uns geboten hatte!


    15.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 5


    Abreisetag ist immer halb traurig, halb hektisch – man will noch nicht weg aber man hat tausend Dinge im Kopf um nichts zu vergessen und um die lange Rueckreise moeglichst pannenfrei zu gestalten. Wir hatten beschlossen schon frueh zeitig abzureisen um die oft morgens glatten Gewaesser zu nutzen – immerhin hatten wir eine etwa 80km Wasserstrecke zu machen. Wir wollten gegen Mittag an der Rampe in Gold River zurueck sein. Das liess uns noch locker 2h zum Angeln irgendwo unterwegs – nur zum Spass, wir wollten nicht nochmal unser Boot einsauen und Fisch versorgen muessen. Auch hatten wir soviel Krempel auf unseren Booten, inklusive der extra Fischkisten von Glenn’s Truppe, dass es gar nicht mehr so bequem war auf unseren Booten. Wir beschlossen erstmal schon das ganze Tahsis Inlet runterzubrettern und dann in Sued-Nootka am Camel Rock oder Hoiss Point noch ein bisschen Zeit zu verbummeln.


    Die Fahrt ging interessant los – es war dicker Nebel im Esperanza Inlet. Ich fuhr erst vorneweg um das Tempo zu setzen aber es war wohl Lodgeanreisetag denn ploetzlich kamen uns etliche Lodgeboote aus dem Nebel entgegen. Manchmal sah ich sie erst 50m vor mir, bei voller Fahrt. Das war mir zu heikel und ich liess Jerrod vorneweg – er hatte Radar. Jerrod und ich stoppten dann beim Dorf Esperanza und wir klingelten den Dock-und Tankstellenwart aus dem Bett. Er nahm es aber lustig. Wir haetten es wahrscheinlich noch bis Gold River geschafft aber warum sollten wir uns noch unnoetig Stress machen? Carl bretterte schon weiter – er mochte Nervenkitzel!


    Wir freuten uns, dass der Nebel ab hier aufriss und die schoene Bergwelt im ersten Sonnenlicht hervortrat. Als wir durch die Meeresenge vom Esperanza Inlet in das Thasis Inlet fuhren, lag ein spiegelglatter Fjord vor uns. Es war ein Genuss den engen Fjord entlang zu fahren. Ploetzlich stoppte Jerrod hinter uns. Ich dachte schon eine Panne aber ueber Funk kam nur kurz “Baer!”. Wir fuhren zurueck und fanden einen mittleren Schwarzbaer der am Ufer nach Muscheln und Krabben suchte. Schoene Naturbeobachtung. Dann fuhren wir weiter und diesmal stoppte ich an einer Bachmuendung – wieder ein Schwarzbaer! Wir konnten ziemlich dicht an das Ufer ran hier. Heute war Baerenmorgen. Nach einer Weile weiterer Fahrt brach ploetzlich dicht neben unserem Boot die Wasseroberflaeche auf und ein halbes Dutzend Define spielte ploetzlich in den Wellen das unseres Boot warf. Auch ein toller Anblick. Und um das Naturerlebnis komplett zu machen, kamen wir noch an einer Seeotterfamilie vorbei, die gemeinsam auf dem Ruecken lag und Seeigel verputzte. Sie schauten aber sehr genau zu uns hin und als wir langsamer wurden und etwas naeher kamen, sahen sie zu wieder etwas Distanz zu uns zu kriegen. Wir wollten sie auch nicht weiter stoeren. Wirklich viel Leben heute im Tahsis Inlet. Auch sahen wir den einen oder anderen Lachs springen. Die waren hier nun schon dicht an ihren Heimatfluessen, vornehmlich dem Conuma River mit seiner grossen Brut-und Aufzuchtstation.


    Das wollte ich hier nochmal erklaeren; es gibt zweierlei Typen von diesen Lachsbrutstationen – Hatcheries genannt. Da gibt es einmal die vielen kleineren und oft von Freiwilligen (meist Anglern) betriebenen Hatcheries deren Zweck die Stuetzung eines angeschlagenen Lachsbestandes ist. Die entnehmen jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von reifen Lachsrueckkehrern und brueten die Eier aus und setzen diese dann zu den wildgeschluepften Lachsjungfischen aus. Einfach um die Bestandszahl zu erhoehen und um negative menschliche Einfluesse im Bach/Flusseinzugsgebiet etwas auszugleichen. Theoretisch sollten diese Bestandsstuetzen nur zeitlich begrenzt noetig sein bis die Hauptursache fuer den Bestandrueckgang beseitigt ist. Leider hat sich meistens rausgestellt, dass der Mensch mit all seinen Eingriffen die wahre Hauptursache der Rueckgaenge ist und der Mensch eben nicht mehr weggeht wo er sich einmal festgesetzt hat. Daher bleiben diese kleinen kommunalen Hatcheries zu allermeist doch auf ewig.


    Der zweite Hatcherietyp ist nicht so haeufig aber dafuer viel einflussreicher – und auch kontrovers. Das sind die grossen, meist staatlichen, Produktionshatcheries. Die sind vor Jahrzehnten entstanden als es noch typisch menschlich war zu denken das der Mensch eh alles besser kann als die Natur. Aus Gier, weil die damals (30ger – 80ger Jahre) gigantische kommerzielle Lachsfischerei den Hals nicht voll genug kriegte, hatten die Fischereiministerien kuenstliche Lachsbestaende erschaffen. Man hatte sich kleinere Flusssysteme mit nur einigen Lachsen herausgesucht, eine grosse Produktionsanlage dahingesetzt und Millionen von Lachsen produziert die dann in einer grossen Berufsfischerei wieder abgesahnt werden konnten. So ist der Conuma River ein Gebirgsfluss der natuerlich vielleicht 3000 Chinooks beherbergen kann. Dann kam die Conuma Hatchery und erzeugt jedes Jahr zwischen 30000 – 100000 Chinooks. Die alle wuerden niemals in dem kleinen Fluss genug Platz finden um abzulaichen. Ist auch nicht gewollt – wenn die Masse zurueckkehrt, wartet schon eine stattliche Fangflotte auf sie. Und nebenbei hat sich natuerlich auch eine begeisterte Anglerschaft mit diesem Lachsreichtum angefreundet und entnimmt ihren Anteil. Ein wirtschaftlicher Boost fuer eine entlegene Gegend, keine Frage, und fuer Angler ein herrliches Erlebnis grosse Chinooks tief in einem geschuetzten Fjord nach belieben beangeln und auch behalten zu koennen.


    Fuer die Natur ist das natuerlich auch eine grosse Umstellung und einiges Natuerliche bleibt dabei auf der Strecke. So ist der Genpool der eigentlichen Conuma-Chinooks natuerlich zum Teufel. Da die Produktionshatcheries keinen Wert auf natuerliche Diversitaet der Lachse legen sondern nur Masse machen wollen, entstehen in solchen bewirtschafteten Fischereien oft klonmaessige 15-20 Pfund Chinooks. Einer wie der Andere. Waehrend der urspruengliche Bach vielleicht ein paar seltene Monster von 50-60 Pfund hatte – die gibt’s dann bald nicht mehr. Insgesamt hat die Natur aber nichts weiter dagegen einen ordentlichen Nahrungsschub zu bekommen; die Baeren, Adler, Wale, Robben... die Baeume – alle lieben das extra Futter jeden Herbst; aber es ist eben kuenstlich erschaffen. Dessen muss man sich bewusst sein. Das ist hier im Nootka Sound so, aber auch in Port Alberni mit der Robertson Creek Hatchery und am unteren Fraser River am Vedder/Chilliwack und Harrison River. In den USA kommen mittlerweile fast alle Lachse aus Hatcheries. Insgesamt im ganzen Pazifik faellt diese kuenstliche Ueberproduktion aber nicht (mehr) ins Gewicht da die kuenstliche Ueberproduktion der grossen Hatcheries nicht einmal mehr den massiven Rueckgang der Wildlachse ausgleicht. Aber auf lokaler Ebene haben solche Mega-Hatcheries schon die Natur veraendert. Viele sagen zum Besseren aber einige lehnen solche kuenstlichen Veraenderungen grundsaetzlich ab. Meine persoenliche Meinung: ja, es waere wunderschoen wenn die Wildlachsbestaende alleine alle unsere Schandtaten ueberleben koennten und wir nicht solche krassen Eingriffe machen muessten. Bewiesenerweise geht das aber leider nicht. Mit ueber 8 Millarden Menschen auf diesem kleinen Planeten, die alle Futter und Platz brauchen, haben wir die Wahl: bald ueberhaupt keine Lachse mehr ohne Hatcheries, oder meist kuenstlich erbruetete Lachse durch die Hatcheries. Und da nehme ich lieber die Hatcherielachse als gar keinen. Den Baeren, Walen, Robben und Regenwaeldern ist es auch ziemlich egal wo ihr Lachsfutter geschluepft ist, Hauptsache sie werden satt.


    Als wir schliesslich aus dem Thasis Inlet in den Nootka Sound kamen, stoppte Jerrod wieder ploetzlich: das Wasser dicht am Ufer kochte hier regelrecht von Kleinfisch. Mensch, da muessten doch auch Lachse nicht weit sein! Wir funkten zu Carl, der schon beim nahen Camel Rock schleppte, und liessen sie wissen das wir in der Naehe waeren und hier mal die Ruten reinhalten wuerden. Und so schleppten wir dicht unter Land durch die Futterschwaerme. Wir sahen wieder einen - diesmal richtig grossen Schwarzbaeren - zu uns parallel am Ufer entlangschluerfen. Dann hatte ich einen Biss – ein kleiner Chinook-Jack. Der war zwar nur so knapp 50cm lang aber tief und schon ziemlich dunkel. Der war laichreif trotz der Miniaturform. Das war so eine Laune der Natur – diese Jacks sind so 1 – 10% der Lachspopulation die schon ein Jahr zu frueh reif werden und zum Laichen zurueckkehren. Hat die Natur so eingerichtet, so dass wenn ein katastrophales Naturereignis (Erdbeben, Erdrutsch…) einen ganzen Lachsjahrgang ausrottet dann tragen die paar Prozent der Jacks noch das orginale Gen dieser ausgestorbenen Generation weiter. Coole Planung der Natur!


    14.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 4 cont.


    Dave wollte gerne noch was Bodenfisch fangen; am liebsten Lingcod, aber auch ein paar Felsenbarsche haette er gerne noch. Er sagte er wuesste wo Glenn’s Guide zum Pilken waere – direkt in den Klippen an der Surflinie. Ob die Bedingungen da draussen das zuliessen? Und ich warnte Dave, er muesste ja nun mittlerweile wissen wie vage und unsicher solche Guide-Infos waren. Ich haette lieber tief im geschuetzten Fjord an irgendwelchen Riffen und Klippen auf Bodenfisch probiert. Aber Dave wollte es unbedingt draussen probieren.


    Und so fuhren wir zur Aussenseite. Es war sehr ungemuetlich. Besonders zwischen den Klippen und Felsinseln an der Uferzone wo die Wogen richtig reinkrachten und zurueckprallten – dort herrschten Verhaeltnisse wie in einer Waschmaschine. Aber Dave markierte ein paar Untiefen zwischen den Klippen in 20 m Tiefe und ich schaukelte uns dorthin. Jetzt war ich ungemein froh das mein Motor wieder so problemlos lief – hier moechte man nicht den Vortrieb verlieren. Wir liessen beide unsere Pilkkoeder runter – ich hatte wieder meinen letzten Berkley-Twister montiert. Ruckzuck hatte ich 2 brauchbare Felsenbarsche gefangen, Dave leider nur seinen besten Pilker verloren. Wir setzten nochmal um und ich holte noch einen Barsch raus. Die konnte Dave alle haben. Dann wurde mir wirklich etwas unwohl wegen des Geschaukel und Dave fuhr uns in den Wind-und Wellenschatten hinter einer groesseren Insel. Hier war es herrlich ruhig, es gab herrliche Sandstraende und dann wieder bizarre Felsklippen, eine grosse Seeotterfamilie lag hier faul auf dem Ruecken und schaute uns gespannt zu. Auch eine Delfingruppe sausste an uns vorbei. Schoene Natur hier! Aber es war hier zu flach zum vernuenftigen Angeln. Als wir auf der anderen Inselseite wieder herauskamen, wurden die Wellen wieder hoeher und die Drift schneller. Wir fingen noch ein bisschen Kleingemuese aber von den Lings war keine Spur zu finden.


    Ok, ein letzter Versuch vielleicht noch was buttmaessiges vom Boden zu kratzen; wir setzten uns an der Fjordmuendung in die Mitte der Rinne die hier von 50m auf 150m abfiel und liessen uns praktisch von Wind und Wellen in den Fjord ins Tiefe reintreiben. Mit einem Kiloblei konnte man gerade noch Grund halten. Dave hatte auch bald einen Biss und etwas blieb haengen – gespannt wartete ich bis sich im Wasser ein Umriss abzeichnete – Dornhai! Natuerlich, so mussten diese Plagegeister uns sogar hier finden! Dave fing noch einen aber sonst war es still. Als wir bei etwa 100m Tiefe angekommen waren, blieben unsere Koeder nicht mehr am Boden. Das war der Schlusspfiff fuer heute. Es hatte inzwischen auch zu regnen angefangen – Zeit einzukehren. Die Kiste war rappelvoll und wir konnten stolz auf unser Comeback heute sein! Heute wuerden wir eine Weile am Schlachttisch brauchen.


    Alle anderen Boote hatten auch nicht schlecht gefangen aber wir waren heute eindeutig die Lachs-Kings gewesen. Auch wenn mein Groesster nur gerade an der 20 Pfundmarke kratzte und Carl in der Fuehrung blieb. Glenn’s Boot hatte bei den Bodenfischen abgeraeumt mit schoenen Lings bis 30 Pfund. Natuerlich waren sie an einer anderen Stelle gewesen als Dave vorher gezeigt wurde. Aber in unserem Kleinboot waeren ihre Stellen heute eh unerreichbar gewesen. Das Guideboot legte vor dem Abenbrot nochmal ab um zu Rosa zu fahren, ihnen fehlte noch ein Coho und sie nahmen Joshua mit, der auch noch paar freie Lizenzplaetze hatte fuer Lachs. Und der Guide enttaeuschte nicht – sie fuellten alles was noch ging plus Finley, der Sohn von Jason, fing einen Coho von 11 Pfund und kam damit sogar auf das Leaderboard der Lodge mit den groessten Fischen der Saison. Da Cohos aber noch bis Oktober reinkamen und jetzt Woche fuer Woche noch etliche Pfund zusetzten, wird das wohl nicht mehr lange Bestand haben – aber Finley war sehr stolz auf seinen fetten Fang.


    Dave und ich hatten nun auch schon eine stattliche Fischmenge zum Mitnehmen angesammelt. An Lachs hatte ich nur noch ein 1 Chinook in meinem Besitzlimit frei. Dave war voll. Wer weiss, vielleicht ergab sich noch eine Moeglichkeit auf der langen Rueckfahrt morgen. Wir liessen den Abend noch lange im Aufenthaltsraum zusammen ausklingen. Wir 3 Privatboote wuerden schon frueh nach dem 5:30 Uhr Fruehstueck ablegen um gegen Mittag an der Rampe in Gold River zu sein. Dann wuerden wir noch im Hellen zuhause in Victoria ankommen – mit einem Mittagsstopp in Campbell River eingeplant. Ausserdem mussten wir in Campbell River Joshua und einige Fischkisten von Glenn’s Crew an die Vancouver Gang uebergeben denn Glenn’s Truppe hatte soviel Fisch gefangen, dass das Transportboot der Lodge mit 6 Leuten plus all dem Fisch ueberladen gewesen waere. So nahm Carl Josh mit auf sein Boot und Jerrod und ich jeder noch 2 vollen Fischkisten von vielleicht je 30kg. Als wir uns von Robert dem Lodgebesitzer herzlich verabschiedeten, meinte er das was Glenn’s Truppe mitnahm war wohl die groesste Fischladung die er je bei Gaesten gesehen hatte. Schon fast verboten den Ozean so zu pluendern! Ich werde mich bei Glenn beschweren wenn wir naechstes Jahr wegen fallenden Bestaenden wieder mehr Fangregeln bekommen!


    14.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 4


    So, der letzte volle Tag brach an und Dave und ich scharrten mit den Hufen. Wir wollten den gestrigen fischlosen und verlustreichen Bootsausflug vergessen machen und uns an den Lachse raechen. Wir hatten noch reichlich Platz in der Kuehlbox und unsere Lizenzen hatten gaehnende Luecken. Robert, der Lodgebesitzer, schaerfte uns nochmal ein bei Rosa dicht unter Land zu fischen und das Treibkraut weitestgehend zu ignorieren. Er zeigte uns noch paar andere interessante Lachsstellen weiter Richtung Fjordmuendung, warnte aber das es dort windmaessig sportlich zugehen koennte heute. Glenn’s Guideboot hatte nur noch wenige Luecken auf den 4 Gaestelizenzen und die wollten sie heute fuellen. Ein paar Cohos und ein Chinook passten wohl noch und ein paar Felsenbarsche und Lings, welche hier in Nootka ein grosszuegiges Limit von 3 pro Tag und 6 im Besitz – pro Lizenz – hatten. Im Sueden der Insel war das Barschlimit wie auch das Linglimit nur 1 und 2.


    So fuhren wir im ersten Tageslicht wieder mit 4 Booten zu Rosa. Trotz allen Windes, dort lag das Meer spiegelglatt und friedlich. Aber auch wieder grassreich. Schon komisch das dieses Treibgut einfach nicht weiterziehen wollte. Ich kenne Stellen bei Malcolm Island (Black Bluff, Lizard Point) wo fette Gezeitenlinien mit viel Dreck regelmaessig die Stellen praktisch unbefischbar machen. Aber ein paar Stunden spaeter, mit fortgeschrittener Gezeit, ist der ganze Kram dann auch wieder weg. Hier nicht. Und Glenn’s Guide bestaetigte mir gestern, dass Rosa praktisch immer so versaut ist. Aber was auch das ganze Kraut dort festhielt, zog wohl auch Futter mit sich was dann wiederum die Lachse hinbrachte. Es gab eben nur das eine MIT dem anderen. Sei’s drum. Heute sollte es rappeln!


    Es war wieder ordentlich Betrieb hier an der Kante und man musste konzentriert steuern. Wie geplant durchquerten wir die Grassfelder ohne uns darum zu kuemmern und es dauerte keine 15 Minuten bis Dave’s Rute anruckte. Er war wie der Blitz dabei und setzte den Anschlag. Yup, das war ein Guter, meinte er. Ich hoerte schon seine Rolle aufkreischen aber ich konnte weder den Drill genau verfolgen noch Fotos davon schiessen – wir sassen zwischen 4 oder 5 Booten und hatten die Felskante keine 20m rechts neben uns. Ich wieselte uns durch die Kette der Boote nach aussen durch und Dave musste einmal seinen Fisch superhart anziehen da ein Boot wohl nicht geschnallt hatte was Sache ist und beinahe ueber Daves Schnur gefahren waere. Buh, das war knapp. Aber alleine der Fakt das wir den Fisch nicht dabei verloren hatten, gab uns Vertrauen das unser gestriges Pech weg war. Weiter draussen hatte Dave alle Zeit und Platz den Fisch muede zu drillen. Bald konnte ich ihn keschern und der erste Lachsbrocken kam ins Boot. Na also! Wir jubelten und strahlten. Ein 16-17 Pfuender lag im Boot. Schnell versorgt und weiter ging es. Ich draengelte uns wieder in die Bootskette und nahm fjordeinwaerts wieder den ufernahen Kurs. Unweit der letzten Fangstelle – rumm’s, meine Rute ging nach unten und ich sprang auf und brauchte schon nicht mehr anrucken – der zog schon ab. “Guter Fisch!”, meinte ich und Dave uebernahm das Steuer. Hier war jetzt gerade mal mehr Platz und ich musste nicht so hektisch drillen. Der Fisch schoss sogar mal komplett aus dem Wasser heraus; ziemlich untypisch fuer einen Chinook aber fuer einen Coho war der fast zu gross. Es ging alles glatt und nach ein paar Minuten beherzten drillens sackte Dave meinen ersten Chinook heute ein. Wieder so um die 16 Pfund. Feine Sache.


    Und es ging so weiter. Wir ignorierten die Grassballen an unseren Schnueren und holten nur ein wenn sich einige Kilogramm daran verfangen hatten und dann schon die Schnuere vom Widerstand nach oben gedrueckt wurden. Das war zwar ungewoehnlich und behinderte manchmal ein bisschen im Drill wenn das Grass nicht ganz abfiel sondern dann im Spitzenring festhing – aber es war machbar und vorallem brachte es Fisch. Ich fing noch ruckzuck 2 markierte Cohos bis Dave und ich dann einen feien Doppelbiss erhielten. Na jetzt wurde es ja richtig turbulent! Jetzt kam das hintere Steuerrad voll zur Geltung denn ich konnte uns beim drillen zur Aussenseite steuern. Fast gleichzeitig hatten wir unsere mittleren Chinooks von vielleicht 10-11 Pfund am Boot. Dave erwaegte einen Moment und meinte “da geht noch mehr” und hakte seinen wieder ab. Ich wollte meinen erst behalten weil es aussah als ob der Drilling ziemlich tief sass, aber als ich es dann mit der Zange probierte, kam der Haken schnell und unproblematisch heraus – Schonhaken eben.


    Ich funkte zu unseren Freunden und fragt sie: “Woran erkennt man das Dave einen super Angeltag hat?”. Carl zurueck: “An Dave’s blutigen Haenden?”. “Nee, daran das Dave zwei 10 Pfuender freigelassen hat!”. Ein Lachen und Kichern kam durch den Funk. Die anderen freuten sich mit uns. Und wir waren noch nicht fertig. Es lief heute. Ziemlich am Ende der Strecke, wo ich schon umzulenken begann, hatte Dave seinen naechsten Biss und packte noch einen 13-14 pfuendigen Chinook in die Kiste. Damit hatte er sein Chinook-Tageslimit. Ich wollte auf den ganz Grossen warten. Glenn’s Guideboot hatte mittlerweile alles Silber was noch legal war und sie wollten nun noch pilken gehen um die restlichen Luecken in den Bodenfischkategorien zu fuellen. Fischfabrik, dachte ich nur. Joshua war heute auf Jerrods Boot und auch die drei fingen den einen oder anderen Lachs. Nichts riesiges, aber sie hatten immermal was dran. Das freute mich auch fuer Jerrod’s Sohn Demario, der dieses Jahr so richtig beim Angeln aufbluehte.


    Es waren nun schon weniger Boote bei Rosa – vielleicht versuchten es mehrere doch noch an der Aussenseite. Und vielleicht war der Wind und die Wellen doch nichts so schlimm wie vorhergesagt. Hier bei Rosa konnte man das nicht einschaetzen; hier war man total geschuetzt. Wir zogen Runde um Runde weiter und es schien, dass nun mehr Cohos auftauchten. Wir sahen etliche auf anderen Booten gefangen werden und auch Dave schlug noch zweimal bei den Cohos zu. Damit hatten wir auch jeder 2 Cohos und damit unser Limit. Ich hatte noch ein Chinookplatz fuer heute frei. Und mein Moment sollte noch kommen. Wieder bei einem super-aggressiven Kurs vor dem Felsen entlang in 15m Wassertiefe – den Koederfisch nur knapp 10m tief am Downrigger – riss meine Schnur ploetzlich aus dem Clip. Anhieb sass und der Lachs machte erstmal nur sture Kopfschlaege. Das war oft ein Zeichen eines richtig Grossen. Da die Flotte schon arg ausgeduennt war, mussten wir uns nicht viel Sorgen um andere Boote machen. Dave holte schnell seine Rute ein und beide Downrigger hoch und machte den Kescher klar. Aber so schnell war ich nicht! Der Fisch war anfangs kaum zu bewegen und erst so nach und nach kam er auf Touren. Aber dann – jetzt riss er im Affentempo die Schnur von der Rolle und das in Richtung Ufer. Da wir immer noch nur 50-60 m vom Felsen entfernt waren, wurde ich etwas unruhig und drehte die Bremse fester.


    Gluecklicherweise drehte der Lachs jetzt um und schoss auf uns zu was mir fast einen Krampf in den kurbelnden Fingern einbrachte. Dann sahen wir einen breiten Ruecken majestaetisch neben dem Boot noch tief unten entlang schwimmen. Toller Fisch! Es ging noch paar Minuten hin und her aber heute hatten wir das Selbstvertrauen und Dave und ich blieben ganz cool. Und so war der erfolgreiche Abschluss des Drills auch keine grosse Ueberraschung mehr. Aber wir freuten uns sehr ueber den groessten Lachs unserer Tour bisher – der war sicher ueber 20 Pfund. Ob er Carl’s 23 uebertraf, blieb fraglich. Ein Goldie! Das war sicher ein lokaler Conuma River Chinook – der hatte schon die goldene Laichfaerbung und erschreckende Zaehne. Damit waren wir am Lachslimit. Was nun? Nur zum Spass noch was weiterschleppen? Schwer abzubrechen wenn es gut laeuft. Und so schleppten wir noch ein Stuendchen weiter. Aber ausser ein/zwei verpassten Bissen und einem Baby-Chinook ging dann aber nichts mehr.

    13.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 3 cont.


    Ich war fertig um zur Lodge zurueck zu fahren. Als wir wieder im geschuetzten Fjord waren, nahmen wir Kontakt mit unseren Freunden auf. Carl und Jerrod berichteten von fetten Lachsfaengen – beide Boote hatten fast ihr Tageslimit fuer Chinook und Coho. Beide Boote versuchten noch den letzten Lachs zu erwischen. Ich fragte ob das Grass noch da waere. Ja, ziemlich dicht, schlimmer als noch am Morgen, sagte Jerrod. Baeeh! Ich hatte keine Lust mehr. Ich sagte Dave er koenne gerne noch ein bisschen alleine schleppen aber ich wuerde mich in die Kajuete verziehen und ein Schlaefchen halten. Dave stimmte zu. Es war warm und sonnig und ich machte mir die Dachluke etwas fuer frische Luft auf und schlummerte herrlich ein.


    Ich weiss nicht wie lange ich geschlafen hatte aber ploetzlich wurde ich von Fluchen und Herumtrappeln auf dem Bootsdeck wach. “Brauchst Du Hilfe, Dave?”, rief ich. Ein zoegerliches Ja kam heraus. Ich schaelte mich heraus und zog die Schuhe an und schaute mich erstmal um. Mein Gott, wir sassen in einem Krautfeld fest das so dicht wie eine Insel war! Dave schaute mich resignierend an. Was ist passiert? Beide Rute lagen quer ueber den Boden, ein Downrigger hatte ein schlappes Kabel, der Kescher lag auf dem Boden. What the heck!? Dave erklaerte er hatte einen Doppelbiss und wollte mich nicht wecken. Ein Fisch riss bald ab und dann fuhr er ueber ein unerwartetes Riff das den einen Downrigger festhing und bald abriss. Dann driftete er in diese Krautinsel und verlor noch den zweiten Lachs. Dave war am Ende. Ich schuettelte nur den Kopf. Heute soll’s nicht sein. Und dann fuhren wir zur Lodge. Dort filetierte Dave seinen Zombi-Coho – schnell, bevor irgendjemand diesen jaemmerlichen Anblick sehen konnte. Dann holten wir uns Bier und Wein und warteten auf unsere Freunde. Und die kamen bald strahlend und erfolgreich zurueck. Carl uebernahm die Lachsfuehrung mit einem schoenen 23 pfuendigen Chinook. Was fuer ein Tag. Aber wir freuten uns fuer unsere Freunde, besonders das auch Joshua nun endlich mal Lachs gefangen hatte. Und dann verrieten sie uns das Rosageheimnis: lass das Grass einfach an der Schnur! Hole nur ein wenn es gar nicht mehr geht. Glenn bestaetigte, ihr Guide liess die verkrauteten Schnuere so lange wie moeglich im Wasser – denn nur ein Koeder im Wasser faengt! Da muss ich meinen deutschen Ordnungssinn ganz bewusst abstellen. Dave und ich klatschten uns ab – morgen ist Rache angesagt!


    13.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 3


    Der dritte Tag stand an und erfreulicherweise war der angesagte Wind nicht so schlimm. Wir hatten aber beschlossen erstmal wieder bei Rosa auf Lachs zu schleppen und dann mal weiterzugucken. Joshua ging heute mit auf Carls Boot so dass es nur Dave und ich auf MaxWaldi waren. Gleichzeitig mit Glenn’s Guideboot kamen wir bei Rosa an und gesellten uns zu der schon stattlichen Flotte hier. Die Windvorhersage hatte wohl einige Angler im ganzen Fjord hierhergespuelt. Nun ja.


    Dave hatte sich gestern nochmal mit den Lodgeguides unterhalten. Die meisten sagten das man bei Rosa ganz dicht unter Ufer und ganz hart an der Felskante schleppen muss um erfolgreich zu sein. Bei dem Bootsbetrieb heute morgen und bei solch aggressivem Kurs musste man da immer auf der Hut sein. Gut das Dave und ich ein eingespieltes Team waren! Und so begannen wir das Unterfangen “Grosslachs bei Rosa”. Heute schien sogar noch mehr Grass auf dem Wasser zu treiben. Es war zum Verruecktwerden! Ich hatte meinen Koeder mehr aus dem Wasser als im Wasser. Dave auch. Ich versuchte die schlimmsten Grassfelder zu umfahren was uns dann immer wieder die Ideallinie dicht am Ufer kostete. Es war einfach zum Heulen. Als dann noch Glenn’s Boot vorbei kam und er uns herueberrief, dass sie schon 3 fette Chinooks und 2 Cohos an Bord hatten, inklusive einen 20 Pfund Chinook an der Fliegenrute gefangen, verstanden Dave und ich die Welt nicht mehr. Wie machten die das? Die fuhren doch ueber die gleichen Stellen!?


    Auch Carl, Ross und Josh waren kraeftig am Fangen und als dann noch Jerrod von einer kleinen Stelle, die gut zu ihm war, ueber Funk sprach, waren wir einfach nur fassungs- und sprachlos. Wie konnte das sein? Wir hatten noch nicht einen Biss gehabt! Wir vergewisserten uns mal wieder das wir auch die gleichen Koeder und die gleiche Tiefe beangelten. Beim naechsten Pass von Glenn’s Boot hatte Glenns Sohn Cody gerade einen guten Coho am Band und rief zu uns herueber “Seht mal her, so wird das gemacht!” Jetzt machten die sich schon lustig ueber unser Unglueck oder besser Unfaehigkeit! Dave hatte dann mal tatsaechlich einen Biss und brachte einen brauchbaren Coho ans Boot. Als wir ihn reinholten, zeigte sich das er eine brutale Wunde auf der einen Seite hatte. Da hatte wohl eine Robbe oder sowas ordentlich zugebissen. Das der Fisch ueberhaupt noch lebte! “Na toll”, sagte Dave, “jetzt fang ich schon mal einen und dann ist er auch noch nur halb verwendbar!” Es war schon fast komisch!


    Dann zog ich mal wieder meine Schnur ein um Kraut zu entfernen, da biss doch ein Lachs beim Einholen an. Na also! Der Lachs war sicher ein Coho so wie er an der Oberflaeche tobte und Dave machte schon den Kescher klar – da kam mir ploetzlich mein Geschirr mit Koeder und Flasher entgegengeschossen - so das ich mich gerade noch rechtzeitig ducken konnte. Wow, heute ging aber wirklich nichts. Vielleicht haetten wir da schon abbrechen sollen und zur Lodge fahren sollen und einfach im Liegestuhl sitzend Bier trinken sollen. Aber man gibt ja nicht auf.


    Wir hatten aber die Nasen voll von Rosa und riefen den Anderen ueber Funk zu, dass wir mal zur Aussenseite fahren wuerden um zu sehen wie schlimm der Wellengang wirklich war. Dann duesten wir ab. Als wir an der Fjordmuendung ankamen, hielt ich kurz an und wir schauten uns das ein bisschen an. Dave meinte es waere gar nicht so schlimm – mit etwas Geduld koennten wir es zur “Guitar” machen, eine felsige Untiefe etwa 5-6km vor der Kueste. Dort wuerden die Guides alle ihre Lingcods abschleppen. Das muesste wie das Brezelbacken gehen. Ok, ich liess mich breitschlagen, irgendwie mussten wir uns ja heute noch rehabilitieren. Dave war scharf auf Lings, ich nicht so, vorallem wenn es Schleppangeln auf Ling war. Lings zu pilken war klasse, aber schleppen eher lahm. Dave dachte aber nur an das Fleisch, nicht an den Sport.


    Dann ging’s los. Gegen eine seitliche kurzfrequentige 2m Duenung und noch ordentlich Windgewuehl obendrauf – das war keine vergnuegliche Fahrt. Schneller als so knapp 30km/h ging nicht wenn man einen Bandscheibenvorfall vermeiden wollte. Endlich kamen wir an und es war auch hier draussen ungemuetlich. Aber fischbar. Aber wo? Ich sah nur in weiter Entfernung am anderen Ende der Untiefe zwei andere Boote – sonst waren wir alleine. Wo angelt man denn hier? Ganz obendrauf entlang dem flachen Rueckgrat der Untiefe? Oder am Fuss? Keine Ahnung, das hatten die Guides nicht verraten. Na klasse, die Untiefe war etliche km lang – wenn auch nicht sehr breit – gross genug, dass man einen ganzen Tag am Fisch vorbeiangeln konnte. Und bei diesen Wellenbedingungen wollte ich nicht unbedingt einen ganzen Tag hier draussen bleiben. Aber jetzt waren wir mal hier, jetzt mussten wir auch was probieren. So entschieden wir das Rueckgrat des Berges in ca. 40m Tiefe entlangzuschleppen. Dave dicht am Boden auf Ling, ich hoeher auf vielleicht Lachs.


    Wir schleppten erst mit den Wellen was das Ganze noch ertraeglich machte. Aber bis auf einen Babyling bei Dave war tote Hose hier. Als wir nach einer Stunde am Ende der Untiefe angekommen waren, drehte ich um und fuhr in etwas tieferem Wasser wieder zurueck. Jetzt gegen die Wellen, die auch noch groesser wurden, schaukelten wir ganz schoen herum. Ungemuetlich! Und kein Fisch in Sicht. Nach einer weiteren Stunde mit nichts brachen wir ab. Wie koennte man noch das Glueck erzwingen!? Ich schlug vor zu den anderen beiden Booten am Horizont zu fahren und dort vielleicht zu pilken. Ok, sagte Dave. Er hatte auch keine bessere Idee. Zumindest hofften wir, dass das 2 Guideboote waren die wussten wo Fische zu fangen sind hier. Es war wieder eine schaukelige Fahrt die Wellen hoch.


    Dann sahen wir einen Freizeitangler, der tatsaechlich mit Downriggern hier schleppte und ein Guideboot das mit seiner Crew pilkte. Na also, richtige Idee. Wir setzten uns nicht weit vom Guideboot und Dave machte seinen schwersten Pilker dran. Keine 5 Minuten spaeter – Abriss, der Grund war sehr griffig – was ja generell fuer ein gutes Lingcodrevier sprach, aber die Drift war durch Wind und Wellen so schnell das Dave moerderisch viel Schnur nachgeben musste um in Grundnaehe zu bleiben und er dadurch kaum noch Kontrolle ueber seinen Koeder hatte. Komisch, das Guideboot driftete viel langsamer. Als ich mal wieder umsetzte und wir dicht an deren Boot rankamen, sahen wir einen riesigen Driftanker in der Abdrift. Aha, das war ja auch kein fairer Vergleich. Ich gab Dave meinen schwersten Pilker und schlug vor, dass ich das Boot mit Motorkraft leicht gegen die Drift hielt damit er besser Vertikalangeln konnte. Ok dann. Das klappte auch ganz gut bis Dave den naechsten Haenger hatte und auch der fuehrte letztlich zum Abriss. Es war schon zum Verzweifeln.


    “Ok, wenn das Pilken nicht sein soll dann lass’ es uns nochmal mit dem Schleppen hier probieren.”, meinte ich. So machten wir nochmal die Downrigger fertig und jetzt schleppten wir beide knapp am Grund in ca. 50m Tiefe. Das ging vielleicht 15 Minuten gut, aber brachte immer noch keinen Fisch. Ich begann noch dichter am Grund zu schleppen und dann passierte es – der Downrigger riss ploetzlich nach hinten – das Blei hing fest! Ich rief zu Dave “Stopp!” aber er brauchte eine Sekunde zulange und schon wurde mein Downriggerkabel schlapp. Sch….! Gluecklicherweise war nur das Blei weg – das ganze andere Geroedel wie Clip und Gummizug etc war alles noch da. Aber ich hatte nun genug von dieser Stelle und wollte zurueck. Dave hatte auch kein gutes Argument zu entgegnen. Da unser Rueckweg fast an der Stelle wo ich die grossen Schollen am ersten Abend gefangen hatte vorbeikam, wollte ich dort nochmal anhalten. Ein paar Riesenschollen koennten den Tag noch fuer mich retten. Dort angekommen kachelte es nun schon wirklich bedenklich. Aber ich montierte meinen letzten Berkley-Twister an einem grossen Zusatzblei und versuchte die Drift. Keine Chance Boden zu halten. Mist, Mist, Mist!



    12.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 2 cont.


    An einer weiteren Stelle fing Dave – ja was wohl – seinen dritten Cabezon! Wow, er war der eindeutige Cabezon-King! Ich bekam bald einen guten Biss und brachte doch tatsaechlich einen brauchbaren Ling ins Boot. Na also, so langsam fuellte sich die Kiste mit allem was das Herz begehrt. Da meine Familie seltsamerweise nicht viel von Lingfleisch hielt, Dave aber total scharf darauf war, schenkte ich ihm den Fisch. Jetzt wollten wir noch den ganz grossen Wurf probieren – Dave hatte von den Guides gestern noch einen super geheimen Tipp ueber eine Lingstelle die Cock & Balls genannt wurde. Das waere eine 20 minuetige Anfahrt. Klar, heute war alles moeglich. Wir hinterliessen unsen Zielort ueber Funk bei Jerrod und Carl und duesten ab. Hoffnungsvoll liessen wir auf dieser Bank die Koeder runter. Aber wir mussten mal wieder lernen, dass halbe Tipps ohne Ahnung wann, was und wie eben doch nutzlos sind. Nach einer Stunde hatten wir paar untermassige Felsenbarsche geaergert, sonst nichts. Und wenn das hier so eine hochproduktive war, warum sahen wir kein anderes Boot hier fischen? Vielleicht fischt man hier nur im Fruehjahr, oder nur bei Ebbe, oder nur mit Makrelenkoeder…. Demuetig zogen wir unsere Schwaenze ein und verliessen Cock & Balls.


    Auf dem Heimweg machten wir nochmal bei Rosa Island halt. Carl und Ross schleppten hier wieder, Jerrod war wohl schon an der Lodge. Wir hatten nun die Stelle fast fuer uns alleine – bis auf das superlaestige Treibgrass das einfach nicht weitertreiben wollte. Wir drehten ein paar Runden und dann hatte ich noch einen harten Biss und der Fisch hing beim Anschlag. Es war kein Grosser aber nach all unseren Fehlversuchen heute morgen war jeder Lachs ein Erfolg. Ich drillte den Fisch absolut kompromisslos und bald sackte Dave einen 7-8 pfuendigen Chinook ein. Ein Anfang und ein wenig Silber und unserer braun-gefuellten Fischkiste. Dann packten wir ein und fuhren doch recht zufrieden zurueck.


    An den Schlachttischen war Betrieb – alle hatten ziemlich gut gefangen. Jerrod und sein Sohn Demario hatten 3 Chinooks und 2 Cohos – alle bei Rosa erwischt. Sieh mal einer an! Als Carl und Ross noch dazukamen, gab’s ein lautes Hallo. Die beiden hatten auch gut Lachs gefangen und Ross den bisherigen Groessten mit 19 Pfund. Grundfisch hatten allerdings nur wir zu bieten. Das war bis Glenn’s Boot zurueck kam. Gluecklicherweise waren wir bis dahin alle fertig mit filetieren denn bei der Menge die dieses Boot mitbrachte waren alle Schlachttische mit einmal voll. Ich habe ja schon viel Fisch gefangen werden sehen an einem Tag aber was die Jungs da mitbrachten, sprengte alle Register. Die hatten wirklich von allen Gamefischen das Limit fuer alle 4 Angler an Bord gefangen plus noch ein paar die der Guide fuer sich wollte. Das war schon fast zuviel des Guten und grenzte schon an kommerzielle Fischerei. Aber auch schone Groessen – Glenn uebernahm die Fuehrung in der Lachskatgorie mit einen 22 Pfuender. Dann hatten sie Lings bis 30 Pfund, einen Heilbutt von 35 Pfund und eine Menge weitere Butte die allerdings nicht viel groesser als meine Schollen gestern waren. Aber insgesamt war das eine unglaubliche Menge an Fisch und 3 Guides filetierten ueber eine Stunde daran – und die sind ziemlich schnell beim Filetieren! Da Glenn und Jason aber nur einmal im Jahr auf’s Meer kamen, goennte ich ihnen ja diese Jahres-Fischfracht. Und die beiden Teenagers hatten wohl einen Heidenspass gehabt und ihnen taten die Arme weh. Glenn erzaehlte sie waeren 25 Meilen offshore gewesen und es war Fisch auf Fisch. Aber die verrueckteste Geschichte kam noch als Jason berichtete wie er einen guten Heilbutt nach oben pumpte als es ploetzlich einige hammerharte Rucke in der Rute gab, die ihm fast den Knueppel aus den Haenden gerissen hatte. Als er dann ein totes Gewicht nach oben brachte sahen sich alle entgeistert an – ein total zerbissener Heilbutt lag da. 3 fette Stuecke einfach herausgebissen. Der Guide meinte Blauhai oder Lachshai – beide ueber 2m gross. Wow! Diese Offshorebaenke muessen unheimlich produktiv sein wenn man weiss wann und wo und wie.


    12.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 2


    Mit heisser Erwartung schaelten wir uns kurz nach 5 aus den Kojen und trafen uns alle zum simplen aber reichhaltigen und warmen Fruehstueck. Dann packten wir unsere Mittags-Sandwiche und Snacks und Drinks ein, Icepacks und Eiswuerfel und los gings! Glenn’s Truppe legte auch schon mit dem Guideboot ab. Es war ein regelrechtes Rennen zum ersten Lachsplatz – vor Rosa Island, eine sehr bekannte Stelle, nur 10 Minuten quer ueber den Fjord. Im stellenweise Nebel verloren wir das Guideboot und fuhren nur zu dritt vor die Spitze von Rosa Island. Dort setzten wir unsere Ruten ein – aber kein anderes Boot ringsumher - seltsam. Wir schleppten dicht an den Kelpfeldern vorbei, an und zwischen interessanten Felsriffen durch. Ein paar Kleinlachse hielten uns wachsam aber insgesamt war nicht viel los hier. Dave vermutete schon, dass wir die “richtige” Stelle wohl verpasst haben mussten denn eigentlich sollten an so einem bekannten Hotspot mindestens ein paar Boote unterwegs sein. Als der Nebel sich mit steigender Sonne verzog, sahen wir auch unseren Irrtum – eine ganze Flotte draengelte sich am naechsten Punkt neben Rosa Island. Aha! Anfaengerfehler.


    So schleppten wir dann die kurze Strecke darueber und reihten uns in die 10-12 anderen Boote in. Die fuhren sehr aggressiv und dicht unter Land. Die meisten hielten sich an die gaengige Etikette “Rechte Rute zum Ufer nimmt den flachen Kurs” und so funktionierte das Ganze ohne grosse Rangelei. Nur wenn einer einen Biss bekam dann kam die Schleife etwas durcheinander, aber zum groessten Teil machten alle Boote hoeflich Platz fuer Drillende. Der einzige Wermutstropfen war eine Menge verstreutes Treibgut – meist langwuechsiges Eelgrass was sich sofort an die Downriggerkabel und Angelschnuere heftete und nach kurzer Zeit richtige Grassballen daran verursachte. Man musste staendig hochholen und das Grass entfernen. Als wir das erste Mal an Glenn vorbeifuhren rief er uns zu: “2 gute Chinooks in der Box, 35 und 40 Fuss tief, Anchoviekoeder!”. Na dann mal los!


    Ich steuerte erstmal und ueberliess meine Rute dem Joshua, der nicht so oft auf das Wasser kam wie ich weil er in Vancouver wohnte. Er bekam tatsaechlich den ersten Biss – es sah ziemlich unspektakulaer aus, zwei kurze Rucke an der Rutenspitze. Etwas unschluessig ob er noch warten sollte, griff sich Josh die Rute recht spaet, ruckte an, kurbelte bis zur Fuehlung und ploetzlich riss es unheimlich an seiner Rute. Dave und ich jaulten gerade vor Vergnuegen auf als Josh schon abwinkte – weg. Mist. Der Koederfisch war total zerfleddert. Wie ein Fisch an einem nadelscharfen Drilling plus Angsthaken vorbeikam um den ganzen Koederfisch erfolgreich zu klauen, konnten wir uns auch nicht erklaeren. Nach einer Weile etwas weiter runter die Strecke wieder ein Geruckel an Josh’s Rute. Bis er die Rute raus hatte, war der Fisch weg. Gibt’s doch gar nicht. Als das dann ein drittes Mal passierte, gab er mir die Rute in die Hand und gab erstmal auf. Aber auch so ein Pech.


    Als ich die Rute gerade neu bekoedert einsetzte, kam Glenn’s Boot wieder in Rufweite und er berichtete sie haetten nun 4 gute Chinooks und 2 Cohos und wuerden nun zum Grundfischangeln offshore fahren. Und schwupps waren sie weg. Wow. So ein Guide, der weiss schon wie das geht. Mich machte die staendige Grassansammlung an der Angelschnur bald richtig aergerlich. Aber dann bekam ich einen guten Biss und ich war blitzschnell an der Rute und hieb an. Schwerer Widerstand endlich! Dave fragte ob es ein guter Fisch waere aber ich musste nicht mehr antworten denn meine Rolle sang los. Dave und Josh wollten gerade alles reinholen und das Boot durch die Bootskette nach aussen steuern da fuehlte ich die Rute ploetzlich schlaff werden. Kann doch nicht sein! Warum hingen die Kerle nicht fest!? Dave schuettelte nur den Kopf – er hatte noch nichtmal einen Biss bekommen! Als ich mal wieder meine Schnur reinigte und die Angelschnur gerade in den Clip einklemmte, der Koederfisch floppte ca. 10m hinter dem Boot auf der Oberflaeche, da riss es mir ploetzlich die Angelschnur aus der Hand und ein Fisch sprang hinter dem Boot einen Meter hoch aus dem Wasser. Waaasss? Schnell schnappte ich mir meine Rute und kurbelte straff. Dem Lachs, warscheinlich ein Coho, brannten nun alle Sicherungen durch und er schlug das Wasser schaumig, sprang, waelzte sich, platschte herum so das man kaum vorn und hinten erkennen konnte. Ich versuchte ihn trotzdem straff ranzunehmen aber ploetzlich war der Widerstand weg. Jetzt war auch ich am Ende. Jerrod meldete gerade die Landung eines brauchbaren Chinooks in seinem Boot und Ross und Carl gratulierten und meinten sie haetten schon zwei. Wow, es lief so gar nicht auf MaxWaldi. Wir berieten und im Anbetracht des glatten Wassers heute und dem vorhergesagten Wind fuer die kommenden Tage beschlossen wir hier abzubrechen und vor die Kueste auf Heilbutt, Lings und sonstiges zu probieren. Wir liessen die anderen beiden Boote das wissen und zu unserem Erstaunen waren sie trotz ihrer vorzeigbaren Erfolge bereit Stelle und Methode zu wechseln. Lachsschleppen hier vor Rosa konnten wir ja bei jedem Wetter noch machen.


    Wir suchten uns eine Ansammlung an felsigen Klippen und Riffe vor der offenen Kueste und begannen da zu pilken. Hier mussten sich doch einige Riffjaeger tummeln. Und Joshua hatte auch gleich ein paar mittelpraechtige Felsenbarsche am Band. Aber noch zu klein zum mitnehmen. Unsere 3 Boote drifteten nun hier und da herum und bald verloren wir uns aus den Augen. Dave suchte immer neue vielversprechende Ziele auf dem GPS Plotter und so klapperten wir einige Stellen ab und kamen dadurch immer weiter hinaus. Die leichte aber langfrequentige Duenung machte uns keine Probleme. Dann war ploetzlich Dave’s Rute krumm – das musste ein Ling sein! Was aber nach oben kam war ein kraeftiger Cabezon – der zur Seeskorpionfamilie gehoerte. Dave war schon enttaeuscht und bereit ihn abzuhaken aber da konnten Josh und ich ihn ueberreden, dass der Cabezon trotz des haesslichen Aeusseren ein fantastischer Speisefisch war. Ok, sagte er und packte den Kerl in die Kiste. Keine 10 Minuten spaeter das gleiche Spiel – der war sogar noch groesser und ein zweiter kam hinterher und wollte auch noch an den Haken. Ich selber fischte wieder mit einem weissen Berkley-Twister an meiner Spinnrute – hatte aber gerade weit ausgeworfen. So rief ich Josh zu schnell seinen Pilker hochzuholen um vielleicht den zweiten Cabezon zu fangen. Josh wollte gerade loskurbeln als das nicht mehr ging und seine Pilkrute vollkrumm wurde. Haenger? Nee, Fisch!


    Oh, das musste was Groesseres sein – der Fisch riss gleichmal etwas Schnur von der Rolle. Grosser Ling? Das war Josh’ Gedanke. Dave versorgte schnell seinen zweiten Fisch und ich brachte meine Rute ein und nun verfolgten wir einen spannenden Drill. Josh benutzte meine Heilbuttrute zum Pilken – die aber war mit einer Links-Multi bestueckt. Das war er nicht gewoehnt und hatte auch Probleme mit der Hebelbremse. Aber nach und nach gewann er Schnur und sein Gegner kam hoch. Ich hatte das Gaff in der Hand und wir alle erwarteten einen guten Ling. Da sausste der Fisch ploetzlich wieder mit haemmernden Schlaegen in der Rute nach unten. “Hm, das koennte auch ein Butt sein!”, meinte ich. Nach paar Minuten kam ein breiter brauner Schatten zum Vorschein – tatsaechlich ein Heilbutt. Und kein Schlechter! Es war zu spaet die Harpune jetzt noch fertig zu machen – der Fisch war reif zur Landung und so schlug ich ihm entgegen aller meiner Weisheiten das Gaff in den Kopf und zerrte ihn ueber die Bordwand. Da stand ich nun mit einem schoenen 30 Pfuender – wusste aber das er durchdrehen wuerde sobald ich ihn ablegen wuerde. Ich rief nach dem Drahtseil – ich wollte ihn am Seil befestigen und dann wieder ueber Bord werfen um ihn dort zu toeten. Aber das Seil war nicht da – ich hatte es gestern am Schlachttisch liegenlassen. Shoot! Ich versuchte es mit einem normalen Seil aber bekam so ein schlappes Seil nicht durch den zahnigen Schlund geschoben. Und jetzt wachte er auf und hebelte sich vom Gaff los und fiel vor unsere Fuesse. Ein verrueckter Tanz begann und wir flohen in alle Bootsecken um nicht getroffen werden oder den noch anhaengenden Pilker und Drilling ins Bein zu kriegen. Blut und Schleim spritzte ueberall hin – ich hatte eine Woche spaeter immer noch den einen oder anderen Fleck von dieser Schweinerei gefunden. Als sich der Butt ausgetobt hatte, sah das Boot wie eine Massenmordszene aus. Wir freuten uns trotzdem ueber den schoenen Beifang am Pilker. Und wir drifteten und pilkten danach fleissig weiter. Ich brachte 2 ordentliche Felsenbarsche ins Boot die aber meinen Twister wieder total zerfledderten. Ich hatte nun nur noch 2 dabei.


    10.8. – 15.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 1 cont.


    Beim naechsten Anschlag war die Rute vollkrumm und der Fisch war richtig schwer. Er rappelte auch paar Mal richtig herum so dass nun ich sogar an einen kleineren Heilbutt dachte. Als wir den Umriss endlich sahen, griff Dave sofort zum Gaff – das musste ein Heilbutt sein! Der Plattfisch war locker 60cm lang – aber als ich ihn oben hatte, sagte ich “Riesenscholle!”. Das war die groesste Scholle oder Flunder die ich nicht nur je selber gefangen hatte aber auch je gesehen hatte! Die war locker 4 oder 5 kg. Weil ich Scholle sagte und bisher die anderen Schollen einfach nur am Vorfach ins Boot gewuppte hatte, legte Dave das Gaff wieder weg. Aber ich sah das der Haken nur knapp sass und rief Dave er sollte gaffen. Das dauerte etwas lange und bis Dave endlich zielte und zuhauen wollte, schlug die Scholle wild um sich und kam frei. Arrrgggg, jetzt war ich mal aergerlich mit Dave und mir selber. So eine Prachtscholle werde ich vielleicht nie wieder sehen. Damn! Dave verzog sich ganz schuldbewusst – er hasste es ja normalerweise viel mehr Fisch zu verlieren. Aber Scholle hat hier in Westkanada so ziemlich niemand auf dem Radar und fast niemand behaelt sie wenn sie als Beifang am Haken hingen. Bei dem ueblichen Kleingemuese bis 30cm kann ich das ja noch verstehen – so viel Filetierarbeit fuer einen hauchduennen Fetzen – aber solche Brocken hier, die lohnen sich doch richtig!


    Und so machte die Spinnrute fleissig weiter. Ich gab Josh mal meine Rute und auch er fing eine tolle Scholle. Dann war ich wieder dran. Es ruckelte schon wieder am nun schon am zweiten Twisterschwanz, da der erste total zerstoert war. Aber erstmal blieb nichts haengen. Dann wurde es ploetzlich schwer – ich dachte erst an einen Haenger und ruckte hart an aber da kam nun ploetzlich Leben in den Haenger und die Rute wurde mir fast aus der Hand gezogen. Die Rollenbremse war ziemlich hart eingestellt und so musste ich hektisch nachfummeln. Das war ein Heilbutt – keine Zweifel. Dave rief es zu den anderen Booten herueber und alle schuettelten unglaeubig den Kopf – keiner hatte auch nur einen Biss gehabt bisher. Alle angelten mit grossen Koedern und schwerem Geschuetz – aber das war wohl hier und heute gar nicht gefragt. Finessangeln war angesagt. Aber ich stoehnte, dass der Butt nun ausgerechnet am feinsten Geraet haengen musste und ich mir richtig Muehen geben musste. Der Butt war kein Kleiner und ich bekam die ersten 5 Minuten ueberhaupt keine Schnur auf die Rolle, im Gegenteil, wenn ich vielleicht mal 5 Meter einkurbeln konnte, hatte er mir bestimmt schon 20m Schnur abgezogen. Ich musste mir mit Geduld und Geschick den Fisch erarbeiten. Als ich ihn dann erstmal auf halber Hoehe hatte, hing er eine Weile nur schwer in der Schnur und ich konnte ihn Stueck fuer Stueck hochpumpen. Kurz vor Sichtweite ging er dann ploetzlich wieder auf Tauchfahrt und ging fast bis zum Grund runter.


    Die Jungs neben mir feuerten mich an und machten natuerlich auch ihre Witze ob meiner nachlassenden Kondition. Das haette noch vor 10 Jahren nicht so lange gedauert – usw. Aber ich liess mich davon nicht irritieren und war voll fokusiert. Der Butt musste mit heimkommen! Hoffentlich hielt der Haken. Dave wartete schon mit der Harpune und dann sahen wir die braune Platte auftauchen. Majestaetisch! Ich hievte ihn bis zur Oberflaeche und trat zurueck und Dave rammte dem Butt die Hapunenspitze perfekt hinter die Kiemendeckel. Er war meine! Und jetzt tobte er wie wild aussen neben dem Boot und schlug paar Mal mit dem Kopf oder Schwanz an die Bordwand das es nur so krachte. Deswegen bringe ich nur ungerne lebende Heilbutte ins Boot – die koennen da richtig Schaden machen und wenigstens eine riesen Sauerei hinterlassen. Ich steckte dem Butt ein verdrahtetes Seil durch Maul und Kiemen und band ihn draussen am Boot an bevor ich die Harpunenspitze- und Seil entfernte. Dann noch einen kraeftigen Schlag zwischen die Augen mit dem Knueppel und die Kiemen zerschnitten und dann konnte er friedlich aussen ausbluten. Und wir weiterangeln. Der erste Abend hatte sich fuer mich doch schon richtig gelohnt. Wir fingen noch einen Snapper (Yelloweye Rockfisch) was uns andeutete, dass wir so langsam in steinigeren Untergrund drifteten. Dann war es aber Zeit zurueckzufahren. Jerrod packte schon ein und dampfte ab. Ein herrlicher Sonnenuntergang ueber dem friedlichen Pazifik. Morgen sollte es nochmal so ruhig werden – wenn die Meere doch immer so waeren, zumindest wenn man Angeln will!


    Zurueck an der Lodge filetierte ich meinen Fang. Die grossen Schollen hatten richtig fette Filets auf den Rippen. Carl musste ich erstmal deutlich den Unterschied zum Heilbutt zeigen – er war immer noch nicht ueberzeugt, dass das keine kleinen Heilbutte waren. Mein Butt war knapp 40 Pfund und 107cm. Damit konnte ich auf meiner Lizenz keinen weiteren Heilbutt mehr eintragen auf diesem Trip; das Limit war entweder 2 Butte unter 90 cm oder einen ueber 90 cm. Nach ein paar kuehlen Getraenken machten wir uns bald in die Betten – wir hatten alle einen langen Tag hinter und noch viel vor uns.


    10.8. – 15.8. 2022; Nootka Sound – Esperanza, Tag 1


    So, der letzte Sommer-Angeltrip dieses Jahres ist Geschichte und war wieder ein voller Erfolg - in jeder Hinsicht. Es war unser jaehrlicher Maennertrip an eine abgelegene Kuestenstelle (ich will hier nur mal ausdruecklich erwaehnen das der Begriff Maennertrip nicht mit Absicht entstanden ist, wir wuerden ohne Weiteres auch Frauen/Toechter mitnehmen aber in all den Jahren hat keine unserer weiblichen Bekannten oder Verwandten jemals Interesse daran bekundet). Dieses Jahr waren wir 11 Kerle die sich diesmal die noerdlichen Nootka Soundteil – genannt Esperanza Inlet – herausgesucht hatten. Einige von uns (inklusive ich) hatten Erfahrung mit dem suedlichen Nootka Sound – dem mehr historischen Teil, wo Capt’n James Cook seine erste Anlandung an der spaeter kanadischen Westkueste machte und den Weg ebnete fuer seinen jungen Offizier Vancouver spaeter als eigener Kapitaen hierher zurueckzukehren und die Spanier davonzujagen und mit den Eingeborenen den Fellhandel fuer England anzufangen. Es war auch hier im suedlichen Nootka Sound wo ein gewisser Offizier Bligh unter James Cook diente – jener, der spaeter durch die Meuterei auf der Bounty bei Tahiti beruehmt wurde. Eine groessere Insel hier im Nootkasoundgebiet heisst heute “Bligh Island”.


    Aber im Esperanzafjord hatte von uns noch keiner geangelt. Ist auch noch weiter abgelegen und brauchte eine 2 stuendige Bootsanfahrt vom Ende des Asphalts in Gold River. Da wir nur 3 Kleinboote dabei hatten, hatte die 4 koepfige Delegation aus Vancouver (Glenn + Sohn und Jason + Sohn) ein Guideboot fuer 3 Tage aus der Port Eliza Lodge gebucht. Die 4 fuhren mit ihrem Pickup ueber die Schotterpisten bis Zeballos und wurden dort vom Guide mit dem Boot abgeholt. Wir anderen fuhren mit unseren 3 Booten die lange aber herrliche In-Fjordstrecke bis zur gleichen Lodge. In Esperanza gibt es nicht sehr viele Unterkunftsmoeglichkeiten; viel weniger als in Sued-Nootka. Hier gab es nur 3 Fishing Lodges und ein paar winzige abgelegene Doerfchen in welchen es vielleicht ein paar wenige Privatunterkuenfte gibt. Zwei der Fishing Lodges in Esperanza waren High-End- All-Inclusive Lodges und nicht fuer unseren Zweck brauch-und bezahlbar.


    Die Port Eliza Lodge ist dagegen eher ein Fish Camp – der Begriff Lodge wohl etwas hochtrabend fuer diese Wirtschaft. Hier sind Angler mit eigenen Booten willkommen und ausreichend versorgt. Die schwimmenden Huetten sind betagt und vom Wind und Salz schon was angefressen, aber sauber und funktional. Wir hatten mit Vollverpflegung gebucht und das Essen schmeckte und war reichlich – wenn auch nicht Sternequalitaet. Geraeumige Gefrierkapazitaet, mehrere Schlachttische, eine gute Marina mit Suesswasserschlauch, Benzin – wenn auch teuer, genuegend Aufenthaltsplaetze draussen und drinnen, genuegend Doppelzimmer mit (quietschenden) Betten und einer Garderobe – sonst nichts. Toll gelegen, nahe am Fjordausgang und super nahe zu den besten inshore Lachsstellen. Eine Eismaschine und soviel alkoholfreie Getraenke wie man will. Und fuer eine Extragebuehr kann der Fang vakuumverpackt, zertifiziert und beschriftet werden (das ist klasse denn wenn man einige Fischsorten privat verpackt, muss der Kopf oder Schwanz oder Fisch ganz gelassen werden um bei einer Kontrolle Fischart und Laenge bestimmen zu koennen. Eine Zertifizierstelle wie so eine Lodge darf selber kontrollieren und den Fisch dann in beliebige Stuecke zerlegen und entsprechend beschriften.). Es ist also wirklich alles da was man auf so einer mehrtaegigen Angeltour in der Wildnis mit Kleinboot braucht – es ist eben nur nicht glitzernd oder schick. Wer seine nichtangelnde Frau hier ausfuehren moechte, ist falsch am Platz.


    Wir fuhren schon am 10.8. in Victoria los und uebernachteten in Gold River in einem Motel. Wir wollten die Nachmittagswinde im Fjord vor Gold River umgehen und lieber morgens slippen. Das ging trotz 3 Boote ruckzuck und unsere Gespanne fanden auf dem grossen und bewachten Slipanlagenparkplatz leicht Platz. Dann duesten wir als Dreiergespann den Fjord rauswaerts. Normalerweise war mein Boot MaxWaldi immer das Schnellste und ich nahm immer die letzte Position ein. Doch Carl und Jerrod hatten beide mit nagelneuen und groesseren Suzukiaussenbordern aufgeruestet so das ich nun die lahme Ente im Konvoi war. Schon ein aergerliches Gefuehl. Aber nachdem ich die elektrischen Unstimmigkeiten noch vor dem Nootkatrip beseitigen konnte, lief mein Yamaha so fein und butterweich, dass jeder Gedanke an eine eventuelle $20000 Motorinvestition einfach nur Unsinn waere.


    Da wir erst 15:00 Uhr in unsere Unterkunft in Port Eliza rein konnten, verbrachten wir 1-2 Stuendchen mit Lachsschleppen am beruehmten Camel Rock im suedlichen Nootka Sound. Hier hatte ich vor genau 10 Jahren noch mit meinem Vater meinen letzten Tyee (Chinook > 30 Pfund) gefangen. Vielleicht sollte das ja ein Zeichen sein? Ein guter Biss riss mich ploetzlich aus meinen Traeumen aber als ich die Rute aufnahm, war kein Widerstand mehr da. Das war alles was uns geboten wurde bis zu unserer Weiterreise. Dann ging es das schmale Tahsis Inlet hoch bis zu der kleinen Durchbruchstelle zum Esperanza Inlet in Nord-Nootka. Der Durchgang war keine 100 m breit und da sich die ganze Gezeitenflut hier durchquetschen musste, herrschten hier ordentliche Stroemungen. Erinnerungen an die Straumen in Norwegen wurden wach. Beim Dorf Esperanza legten wir kurz an und fuellten unsere Tanks nochmal randvoll. Dann ging es weiter durch die bergige Waldwildnis. In einer Bucht setzten wir nochmal die Schleppruten ein und jetzt kamen auch die ersten Fische zum Boot. Aber leider nur Kleinlachs und ein paar Felsenbarsche. Ging alles wieder zurueck. Da sollte noch viel Groesseres kommen! Hoffentlich.


    Gegen 15:00 Uhr fanden wir dann die schwimmende Port Eliza Lodge im letzten Seitenarm des Esperanza Inlets – kurz vor der offenen Kueste. Total geschuetzt und mit wirklich coolen Felsformationen im Hintergrund. Apropo cool, war es gar nicht – es war drueckend heiss hier! Glenn und seine Truppe warteten schon mit kuehlen Getraenken und einigen Bieren im Vorlauf auf unsere Ankunft. Und es gab ein lautes und herzliches Willkommen. Glenn, den Stoerangelexperten hatte ich auch schon monatelang nicht mehr gesehen. Aber wir waren ja nicht zum Quatschen hierhergekommen! Nachdem wir unser Quartier bezogen hatten und unsere 3 Boote von Transport auf Angeln umgestellt hatten, ging es nach dem Abendessen nochmal zum Anangeln auf’s Wasser. Robert, der Lodgebesitzer und Mann-fuer-Alles, meinte heute Abend und morgen waere unser bestes Wetterfenster fuer die aeussere Kueste oder Offshore. Joshua kam mit auf mein Boot und dann duesten wir bis auf den offenen Pazifik. Dort stoppten wir kurz und berieten uns. Es war spiegelglatt und noch herrlich sonnig. Aber wir hatten auch nur noch 2,5h Licht. Zwar hatten Dave und Jerrod einige Offshorespots von Kollegen ausspioniert aber ganz weit raus wollten wir heute nicht mehr. Ich ueberzeugte die 2 anderen Kapitaene, dass wir in Sued-Nootka immer ordentlich Butt und Ling nur knapp ausserhalb der Surflinie gefangen haetten – fuer Butt sollte sandiger, kiesiger Boden ab 30m Tiefe faengig sein. Fuer Lingcod, hatte jede Klippe, jeder Stein hier draussen Potenzial. So fuhren wir auf gut Glueck bis zu knapp 60m Tiefe ueber was aussah wie lange Sandstrecken.


    Wir machten 2 Buttruten fuer Dave und Josh fertig und waehrend Dave einen ganzen Hering anbot, fischte Josh mit einem grossen Pilker und Lachsfetzen. Es passierte erstmal nichts auch wenn Josh manchmal das Gefuehl hatte, etwas knabberte an seinem Koeder. Aber jeder Anschlag ging leer aus. Wir drifteten dicht nebeneinander und sahen auch auf den anderen Booten keine Action. So holte ich mir zum Spass die schwere Spinnrute vom Dach und montierte einen Berkley-Twister in weiss am schweren Jigkopf. Kaum ratterte der ein paar Sekunden ueber Grund schnappte etwas zwei-dreimal danach. Ich ruckte einfach mal an und es blieb etwas haengen. War kein Riese aber die Rute war ziemlich krumm. Alle guckten gespannt auf mich – es dauerte aber eine Weile den Fisch von 60m hochzubringen. Eine richtig fette Scholle tauchte auf. Dave dachte erst ein kleiner Heilbutt. Ha! Die ging aber sowas von mit! Knapp 50cm! Schnell liess ich den Twister wieder runter und liess ihn in der lauen Drift einfach ueber Grund schleifen. Rumms! Wieder ein harter Biss und wieder ordentlich Widerstand. Die Jungs um mich herum staunten. Noch eine fette Scholle – fast das gleiche Kaliber. Das konnte den ganzen Abend soweitergehen! Im Prinzip hatte ich non-stop Bisse sobald der Twister am Boden war. Es gab aber viele Fehlbisse – wahrscheinlich die kleineren Plattfische die den riesigen Jighaken gar nicht in das Maul bekamen. So blieben nur die richtig Grossen haengen.


    30.7. 2022; Malcolm Island, Tag 4


    Der letzte volle Tag auf dieser Tour stand an und der Wind sollte morgens wieder nur sehr leicht sein bis er dann nachmittags auffrischen sollte. Also musste das Black Bluff nochmal herhalten. Dave wollte nun endlich seine nagelneue Islander-Rolle an einem dicken Chinook austesten. Und ich war noch scharf auf einen Heilbutt!


    So duesten wir trotz anhaltender Motorprobleme die ganze Strecke bis zum Bluff. War anstrengendes Fahren denn der Nebel war streckenweise sehr dicht. Ich hatte weniger Angst vor einer Bootskollision, aber das ganze Treibgut mit allerlei Baumstaemmen und Holzstuecken machte mir Sorgen und ein paar Mal musste ich abrupt ausweichen. Dave stand auch mit der Nase an die Windschutzscheibe gepresst. Ging aber alles gut und mein Happy Place lag wieder friedlich und fischig aussehend vor uns. Und fuer uns alleine.


    Wir zogen bald schon 2 Koederfische am System dicht vor dem Kelpguertel entlang. Es roch foermlich nach Fisch. Es war auch eine Menge Futterfisch da – manchmal sah es aus als ob es regnete, wenn die Brut an der Oberflaeche spielte. Aber es waren keine Raeuber da - oder beisswillig. Nach einer ergebnislosen Stunde kam auch noch eine dicke Gezeitenlinie hereingetrieben und brachte allerlei Grass und Schlingpflanzen mit und machte das Angeln sehr muehseelig. Wir sahen am herausragenden Punkt des Black Bluff zwei Boote entlangschleppen. Vielleicht ging es dort besser – auch wenn wir das Black Bluff eigentlich immer tief in der Bucht fischten. Kaum waren wir vor der Spitze in etwas tieferem Wasser, da riss es an Dave’s Rute. Er hieb an und stoehnte gleich auf; “Schwerer Fisch!”.


    Na also, Dave konnte es also doch noch! Waehrend der Fisch lospolterte und wir Dave’s neue Rolle singen hoerten, raeumte ich das Deck auf. Dann stand ich mit dem Kescher parat und wartete auf meinen Einsatz. Dave’s Fisch liess sich nicht so leicht ueberwinden und er riss immer wieder beherzt aus. Dann katapultierte er sich sogar voll aus dem Wasser. Uns blieb kurz der Atem weg – aber der Haken sass! Die anderen zwei Boote machten uns Platz und andere Hindernisse gab es hier nicht im Wasser und so kam der Drill nach paar Minuten zu einem routiniertem Ende. Der Lachs wurde muede und Dave schleifte ihn heran – ein Versuch mit dem Kescher genuegte und ein 16 Pfuender lag im Boot! Klasse, Dave war gluecklich.


    Der Fisch wurde schnell versorgt und die beiden Ruten kamen schnell wieder zum Einsatz. Ich drehte nun grosse Schleifen um den Fangplatz und tatsaechlich nach 10 Minuten ruckte wieder Dave’s Rute los. Und wieder ein guter Fisch! Auch dieser Chinook tobte viel an der Oberflaeche lang und sausste hin und her und machte Dave viel Freude. Als er ihn das erste Mal am Boot hatte und wir einen guten Blick darauf hatten, waren wir fast enttaeuscht: der war einiges kleiner als der erste – hatte weit ueber seiner Gewichtsklasse gekaempft. Ich sackte den vielleicht 10-11 Pfuender bald ein und wir packten ihn in die Kiste zum Ersten.


    Und es ging weiter – die Beisszeit war da. Ob es nun eine neue Lachsschule war die hier gerade durchzog oder ob die vorhandenen Lachse nun auf einmal Lust hatten zu beissen, werden wir wohl nie wissen – aber es war ein toller Angelspass. Dave verpasste noch 2 gute Bisse. Dann war ich endlich mal dran und hatte einen ganz harten Biss und der Fisch riss auch gleich feste Schnur von der Rolle. Wir waren wieder auf einen guten Chinook eingestellt aber nach ein paar Minuten hatte ich den Fisch neben dem Boot und staunte – ein fetter Coho! Nun hiess es zu erkennen ob er markiert oder unmarkiert war. Wir hatten unser Besitzlimit an unmarkierten Cohos gestern erreicht und durften nur noch markierte behalten. Leider sah ich bald die Fettflosse und so durfte der Coho nach einem kurzen Fototermin wieder schwimmen. Dave hatte danach noch kurz einen sportlichen Fisch dran der aber irgendwie den Drilling plus Angsthaken losbekam. Und dann war nach etwa einer Stunde der Spass ploetzlich wieder vorbei. Nur noch ein paar kleine Shaker und der eine oder andere Pink biss an. Bald sahen wir auch einen guten Grund fuer das ploetzliche Verschwinden der Grosslachse: ein ganzer Pod Orcas kam vorbei! Die sahen wie auf der Jagd nach etwas aus. Das sollten uebrigens ausser den Delfinen die einzigen Waale gewesen sein, die wir auf dieser Tour beobachten konnten. Sonst sehen wir einige mehr!


    Ich draengelte nun es nochmal auf Heilbutt zu versuchen. Wir wollten erst an der weiter suedichen Inselseite den Kies-und Sandboden mit Koederfischen am Grund beschleppen. So hatten wir in der Vergangenheit schon einige Butte erwischt. Aber ich hatte staendig kleinere Felsenbarsche, Babylings oder Coho und Pinks am Haken. Dave hatte mehr Lachs und packte noch einen fetten Pink in die Kiste. Aber Butt wollte gar nicht. Ich fing sogar ein paar kleinere Schollen – also schonmal Plattfisch – aber keinen Butt!


    Eine Weile spaeter drifteten wir mit leckeren Pilkern und Fetzenkoedern umher – ein paar gute Felsenbarsche stiegen ein – aber kein Butt! Letztlich ankerten wir sogar noch in Mitchell Bay direkt vor unserem Dock. Vom Dock-Heilbutterlebnis vor 2 Jahren wussten wir ja das Heilbutte sich bis ins Flache am Dock herumdrueckten. Aber auch hier kamen die Dornhaie jedweglichen Butten zuvor und nach einiger Zeit gaben wir auf – Butt sollte dieses Mal nicht sein! Wir packten dennoch zufrieden zusammen – endlich hatte Dave mal zugeschlagen und Grosslachs gefangen! Morgen wuerde er schon fueh die Faehre nach Vancouver Island nehmen waehrend ich auf dem Heimweg noch ein bisschen fischen konnte. Ich wollte noch 2 fette Pinks mitnehmen um eine grosse Raeucherziehung zu machen. Das sollte sich bei der Menge an Pinks vor Mitchell Bay ja wohl leicht machen lassen. Ich hatte 2 Stunden Zeit dafuer.


    Als Dave weg war und ich alleine mit dem Boot vom Dock ablegte, entschied ich die erste Stunde sogar noch nur auf Chinook zu angeln – die letzte Stuende wuerde dann den 2 ausstehenden Pinks gewidmet. Leider kam kein Chinook zum spielen. Als ich auf Pinks/Cohos umstellte, kamen auch bald die erhofften Bisse. Problem war, der erste Fisch war ein kleiner Chinook – wieder zurueck. Der naechste Fisch war ein fetter Coho – unmarkiert - auch wieder zurueck. Der dritte war ein Pink – aber wohl der Kleinste den wir auf dem ganzen Trip gesehen hatten – auch wieder zurueck. Und dann verlor ich die naechsten 6(!!) Lachse im Drill. Ich hatte nur noch 10 Minuten bevor ich Richtung Treffpunkt los musste und hatte noch keinen Pink in der Kiste! Dave wuerde mich auslachen! Dann endlich konnte ich den ersten Pink einsacken. Auf einmal hoerten die Bisse auf. Ich war wohl schon zu weit draussen. Also wieder zurueck in die Bucht. Mit dem Schlusspfiff bekam ich dann einen Doppelbiss; ich setzte an beiden einen Anschlag und begann dann eine Rute zu drillen. Ich sah immer mal wieder zu anderen Rute rueber – der war immer noch dran. In der Naehe des Bootes begann mein Fisch zu springen – und der Haken schlitzte aus. Nein! Schnell schnappte ich mir die andere Rute – nahm Fuehlung auf, ja, der war noch dran. Jetzt bitte halte fest, Du Haken! Den letzten Meter schlidderte ich den Fisch zum Boot, schnappte mir die Schnur am Vorfach und wuppte ihn entschlossen ins Boot. Endlich! War fuer ein Krampf um den letzten Pink!


    Auf der Ueberfahrt kam ich dann an einer ganzen Seeotterfamilie vorbei. Super suess. Schoen zu sehen, dass diese einstmals fast komplett ausgerotteten Tier wieder ein Comeback machen! Als ich dann Dave an der Marina traf und er meine beiden Pinks sah, fragte er ob das schnell gegangen war. Ich antwortet cool es waere ein Klacks gewesen die zwei Schwaenze zu fangen; “Easy peasy”! Angler sind eben doch notorische Luegner!


    29.7. 2022; Malcolm Island, Tag 3


    Auch der 3. Tag sollte frueh noch ohne Wind ablaufen; dann aber ab fruehen Nachmittag sollte es auffrischen. Wir wollten den Morgen auf der nahen Inselnordseite zwischen Donegal Head und Lizard Point verbringen – nicht ganz so weit wie das Black Bluff. Der Gedanke war, dass die Chinooks am Black Bluff gestern nun bis zum Lizard Point und da herum weitergezogen waren und wir sie so noch einmal belaestigen konnten. Also kurz nach 5 aus den Federn und nach einem schnellen Fruehstueck ging’s los. Leider muckerte mein grosser Motor etwas herum beim Losfahren und hinterliess bei mir ein ungutes Gefuehl. Fuehlte sich wie ein elektrischen Problem an – sporadische Aussetzer – schwierig zu diagnostizieren. Gut das wir heute nicht ganz so weit fuhren!


    Hinter dem Donegal Head setzten wir diesmal 3 Ruten an 3 Downriggern ein und gesellten uns zu 10 oder 12 anderen Booten. Es dauerte nicht lange und Dave sprang auf und hatte was dran. Er brachte einen fetten Pink ans Boot. Mitnehmen oder nicht? “Mae, da geht noch mehr!”, dachten wir. Und es sollte sich bewahrheiten: es begann eine tolle Kleinlachsfischerei – und wir waren nicht allein beim Fangen. Auch auf den anderen Booten sahen wir die Angler fleissig anschlagen, drillen und keschern. Cohos bis zu 7 Pfund und Pinks um die 4-5 Pfund – mindestens alle 10 Minuten ein Fisch. Wir behielten ein paar fette Pinks und ich einen vielleicht 7 pfuendigen unmarkierten Coho. Und wir liessen dutzende wieder frei. Aber es wollte sich kein Chinook blicken lassen. Wir sahen ein Boot eine ganze Weile in einen langwierigen Drill verwickelt und nach vielleicht 10 Minuten einen gut 20 pfuendigen Chinook keschern. Es waren also einige Chinooks da aber wir befuerchteten, dass die kleineren Lachsarten so schnell an unsere Koeder sprangen, so dass wir gar keine Chance hatten zu den Chinooks durchzukommen. Es hatte gar keinen Zweck die dritte Rute weiterzubenutzen – das war einfach zu viel Arbeit.


    Bei einer Schleife in etwas flacheres Wasser bemerkten wir ein paar grosse Fischsicheln am Echolot. Das konnten Chinooks sein, meinten wir und in diesem Moment ruckte meine Rute mit dem Blinker an und loeste auch sofort aus. Ich hatte gleich das Gefuehl, das hier etwas mehr Gewicht dahintersteckte. Erst liess sich der Fisch widerwillig naeher ziehen aber dann gab es ploetzlich 2 harte Rucke und jetzt musste ich Schnur geben. Und die Schnur lief immer schneller raus. Yeeeess, ein besserer Fisch! Dave zoegerte noch mit dem Herausholen seiner Rute – er traute mir noch nicht so recht. Dann kam der Fisch auf’s Boot zugeschossen und ich kurbelte wie ein Weltmeister. Dann sahen wir ihn auch schon – schoener Kerl, vielleicht 12-13 Pfund. Aber jetzt wollte er stur auf die andere Bootsseite wo Dave noch seine Rute am Downrigger draussen hatte. Um einen fuerchterlichen Tueddel zu verhindern musst ich dem Fisch die Notbremse anschalten und ich hielt ihn auf Biegen und Brechen. Er tobte und schaeumte das Wasser und ploetzlich war er ab. Schade, der erste groessere Fisch heute und dann geht genau der ab. Typisch!


    Wir drehten noch ein paar Runden um die Stelle und obwohl wir die grossen Fischsicheln wieder fanden, wollte davon keiner mehr zuschnappen. Nach einer Weile brachen wir ab und wollten es vor Anker auf Heilbutt probieren. Lachs hatten wir ja schon eine Menge in der Kiste. Wir fuhren zur Stelle wo wir letztes Jahr 2 Butte erwischt hatten. Anker ausgelegt und Ruten mit saftigen Koedern bestueckt. Und natuerlich musste auch der volle Duftsack in die 80m Tiefe hinab. Auf die Wirkung der Duftfahne mussten wir nicht lange warten denn die laestigen Dornhaie fanden unsere Koeder schon nach wenigen Minuten. Von da an kamen non-stop 1 bis manchmal 2 Haie gleichzeitig hoch. Erst hatten wir noch die Hoffnung, dass unsere ganze Muehe mit den Haien mit wenigstens einem schoenen Butt belohnt werden wuerde. Aber nach 4 Stunden brachen wir desillusioniert ab. Wir mussten jeder 40 Haie hochgekurbelt haben – mir taten Arme und Ruecken weh und Dave konnte gar nichts mehr sagen. Da ich unbedingt noch Heilbutt fangen wollte, beschlossen wir auf der Inselnordseite, an den Lachsgruenden, mit Koederfisch hart am Boden zu schleppen um so vielleicht den einen oder anderen Butt abzuschleppen. Vor einigen Jahren hatte das hier hervorragend geklappt. Funktionierte leider auch nicht. Ich fing eine schoene Scholle aber das war’s auch gewesen mit Plattfisch. Ausser noch paar kleinen Felsenbarschen liess sich nichts Buttaehnliches ueberreden.


    Um die Grundfischerei noch zu retten, schlug Dave vor zu einer uns bekannten Lingcodstelle zu fahren. Ich war erst etwas abgeneigt weil wir dafuer ein Stueck offenes Wasser ueberquehren mussten und ich meinem Motor heute nicht trauen konnte. Schliesslich liess ich mich doch breitschlagen und wir fuhren zum Eingang des Broughton Archipelagos; einer Inselwelt mit unzaehligen Inseln und Klippen. Hier hatten wir vor Jahren an einer Steilwand mal eine Sternstunde beim Lingcodangeln erwischt. Leider hatte das Fischereiministerium wohl auch von den tollen Faengen gehoert und die Stelle 2 Jahre spaeter als Schongebiet ausgezeichnet. Also genau an unserer alten Stelle durften wir nicht mehr fischen aber die Schongebietsgrenze war nur 50m von der Stelle entfernt und die felsige Steinwand ging auch ausserhalb der Grenze weiter. Warum sollten also nicht auch paar Lings kurz hinter der Grenze auf Lauer liegen?


    Wir montierten unsere schwereren Pilker und klopften damit die Felskanten ab. Nach 10 Minuten stoehnte und halb lachte Dave ploetzlich auf – aha er war am Fisch. Jawoll, rief er freudig als Schnur von seiner Rolle gerissen wurde. Das war ein guter Fisch und Dave schwaermte wieder von diesen aggressiven Lingcods. Bald pumpte er ihn Stueck fuer Stueck hoch – da war er – ein braungeflecktes und zaehnestarrendes Untier. Ich schlug ihm das Gaff in den Schaedel und hievte den Fisch hinein. Feiner Fisch, um die 15 Pfund schwer. Trotz weiterer Versuche hakten wir nur noch Kleinkram – ich unter anderem einen herrlich aussehenden Irish Lord – eine Art Seeskorpion. Cool aussehendes Ding! Dann merkten wir wie der Wind auffrischte und ich draengelte zum Aufbruch – wir hatten noch ein Stueck zu fahren und ich war einbisschen bange wegen dem muckernden Motor. Wir kamen aber gut an – wenn auch mit etwas gelegentlichem Ruckeln.


    Ein Stueck von Dave’s Lingcod brutzelte ich als Backfisch zum Abendbrot zurecht – frischer geht’s nicht! Die Stimmung war gut – auch Dave war wieder guter Laune – er hatte gefangen und hatte mit dem Lingcod sogar den Tagessieg an sich gerissen! Wir fuhren nach dem Abendbrot nochmal eine halbe Stunde zu einem Sonnenuntergangstrolling direkt vor unserem Dock. Fingen noch ein paar Pinks und Cohos. Die waren ueberall und die Pinks sprangen auch wie verrueckt umher. Magical!


    28.7. 2022; Malcolm Island, Tag 2


    Der erste richtige Angeltag wurde mit Ungeduld erwartet. Man wird eben doch immer wieder zum Kind wenn es um’s Angeln geht. Wir rauschten 5:00 Uhr aus den Betten und fruehstueckten noch im Halbdunkeln. Sobald es sicher war loszufahren, legten wir vom Dock ab. Das Meer war spiegelglatt und kein Nebel behinderte die schnelle Fahrt. Nur auf riesige Teppiche von Treibgut mussten wir aufpassen – an den Gezeitenlinien wo sich die Stroemungen brachen, dort sammelte sich allerlei inklusive Baumstaemme und Holzstuecke die vor allem einem Glasfiberboot gefaehrlich werden konnten.


    Wir wollten zum sagenumwobenen Black Bluff, einer meiner Happy Places, wo wir schon Sternstunden erlebt hatten. Eine Bucht mit vorgelagertem Kelpguertel die oft gute Lachsrudel beherbergte. Und keine Falte auf dem Wasser. Auch kein anderes Boot in Sicht. Traumhaft. Wir bereiteten unsere Koederfischsystem vor und setzten sie auf unsere bevorzugten Tiefen ein und dann steuerte uns Dave das erste Mal dicht an der Krautkante vorbei. Nichts. Schade, das roch doch foermlich nach Fisch! Wir zogen noch ein paar Runden mal flacher und mal tiefer durch die Bucht. Bald experimentierte ich mit dem Koeder direkt auf dem Grund. Irgendwo mussten die Kerle doch stecken! Das Echolot zeigte uns hin und wieder mal verheissungsvolle Signale aber die wollten einfach nicht zupacken.


    Nachdem uns Dave einmal fast auf das Riff neben dem Krautguertel gefahren hatte, fuhren wir etwas weiter draussen bei 40m Wassertiefe entlang. Ich hatte meinen Koeder in 27m angeboten und ploetzlich ruckte es hart und loeste die Rute auch gleich aus. Wie von der Tarantel gestochen stuerzte ich zur Rute, riss sie aus dem Halter und ruckte an. Etwas Schweres war zu spueren. Aber noch passierte nichts. Ich hing mich rein und kurbelte den Gegner ein paar Meter heran. Dann musste der Fisch wohl aufgewacht sein denn ploetzlich zog sich die Rute lang und langsam zog es Schnur von der Rolle – immer schneller bis die Rolle nur so saussten. Na also, ein richtiger Fisch! Dave raeumte schnell das Deck und seine Rute weg. Nach der ersten Flucht bekam ich eine Menge Schnur zurueck aber wir bekamen den Fisch noch nicht zu sehen bevor er zum zweiten Mal ansetzte. Diese Flucht war aber schon etwas kuerzer und als er stehenblieb, konnte ich Druck machen und den Fisch drehen und Richtung Boot zerren. Dann sahen wir einen breiten Ruecken noch tief hinter dem Boot auftauchen – immer wieder einer meiner Lieblingsmomente beim Lachsangeln.


    Aber der Kampf war noch nicht vorbei! Ein paar Mal sausste der Fisch noch in die Tiefe und einmal musste ich die Schnur hinter und unter den Motoren durchfischen um dem Fisch auf die andere Bootsseite zu bringen. Dave stand ungeduldig mit dem Kescher bereit. Fast waere der Lachs beim ersten Kescherversuch nochmal aus dem Netz herausgekommen aber Dave fasste nach und hievte den Fisch endlich ins Boot. Klasse! Ein schoener Anfang. Der war bestimmt 20 Pfund schwer. Das Black Bluff hatte mal wieder zugeschlagen! Schnell wurde der Fisch versorgt und verpackt und bald schleppten wir weiter. Dave hatte nun natuerlich auch auf das Purple Haze Kombo gewechselt! Wir wunderten uns das hier am Black Bluff scheinbar keine der Pinks oder Cohos da waren. Hier konnte man heute morgen “unbelaestigt” auf grosse Chinooks angeln. Wir hatten das noch nicht fertig diskutiert da rappelte meine Rute wild los. Noch bevor ich die Rute richtig in der Hand hatte sprang ein mittlerer Lachs 30m hinter dem Boot.


    Ja, das war mein Fisch! Der wollte sich wohl seinen Widersacher erstmal genauer ansehen! Es war zwar kein langwieriger Drill wie mit einem grossen Chinook aber dieser Coho verkaufte sein Leben teuer. Er sprang paar Male und sausste im Affenzahn hin und her. Aber bald hatte ich ihn am Boot. Der hatte gut 6-7 Pfund. War aber ein Unmarkierter von welchen jeder von uns nur einen pro Tag und insgesamt 2 pro Trip mitnehmen durften. Der hier hatte den Drilling recht tief im Maul und so beschloss ich ihn mitzunehmen. Viel groessere Cohos erwarteten wir Ende Juli nicht zu fangen.


    Zehn Minuten spaeter das gleiche Spiel nochmal – wieder an meiner Rute. Und der Coho war sogar schon knapp 8 Pfund und ging auch mit – diesmal auf Daves Lizenz denn er schien ja heute keine Fische fangen zu koennen; so zog ich ihn halt auf. Der Trost wenigstens einen Fisch fuer sich in der Box zu haben schien etwas zu wirken aber er war schon etwas angefressen, dass er noch keinen Biss gehabt hatte waehrend ich die Fischkiste fuellte. Er fischte jetzt exakt meine Tiefe waehrend er ueber der Fangstelle kreiste.


    Um nicht 2 Ruten auf der gleichen Tiefe zu fischen, ging ich weiter runter bis auf 35m – kurz ueber Grund. Ich goennte mir erstmal ein Brot und kaute gerade gemuetlich und genoss die Gegend als ich ein bekanntes Geraeusch hoerte – meine Rollenknarre! Ein Blick zurueck zur Rute und die war horizontal zurueckgerissen und gab schwer Schnur frei. “Mein Gott, man kann ja nichtmal Luftholen!”, meinte ich lachend in Richtung des deprimierten Daves. Diesmal war wieder was Groesseres dran und der Fisch zog ordentlich ab. Dann wurde die Schnur flacher und der Fisch sprang – er sprang tatsaechlich trotz Flasher 3 oder 4 Mal komplett und mindestens einen Meter aus dem Wasser heraus so dass es da draussen auf dem stillen Wasser nur so toste. Das war kein typisches Chinookverhalten und ich johlte vor Freude dazu. Das hat mal wirklich selten, dass so ein groesserer Chinook akrobatisch wird. Nach einigem beherzten Hin und Her brachte ich den Brocken zum Boot und Dave sackte ihn ein. Der hatte vielleicht 15-16 Pfund auf den Rippen. Auch nicht schlecht!


    Dave schuettelte nur den Kopf und machte still und besiegt sein Geraet wieder fertig. Ich erinnerte ihn, dass das oft so war auf unseren Trips, dass einer an einem Tag heiss lief und dann am naechsten Tag der Andere. Mit 2 Chinook und 2 Cohos waren wir beide ausgereizt mit diesen beiden Arten. Ich hatte mein und Daves Limit alleine gefangen! Das Black Bluff war wiedermal gut zu mir gewesen! Aber jetzt blieben die Bisse aus obwohl wir es noch ca. 2h versuchten. Dann packten wir ein und fuhren zum Lizard Point und der Slide Stelle. Wir schleppten da eine Weile weiter umgeben von einer Menge anderer Boote. Waehrend Dave nun den einen oder anderen Pink und Coho hakte, versuchte ich es direkt auf dem Grund auf Heilbutt. Aber auch da fanden die Pinks und Coho noch meinen Koederfisch. Hier auf dieser Inselseite standen diese Schwarmlachse dick und dicht. Dave nahm noch 2 oder 3 fette Pinks mit. Da in einem geraden Jahr kein Buckellachsaufstieg im grossen Fraser River stattfand, mussten diese Pinks ins Knight Inlet ziehen. Das musste ein sehr gutes Pinkjahr fuer dieses Inlet sein und die Pinks waren dick und fett und zeugten von guten Aufwuchsbedingungen. Spaeter erzaehlte mir Frank, dass die Anti-Fischfarmaktivisten schon jubelten und behaupteten, dass der letztjaehrige Bann von Netzgehegen-Lachsfarmen in dieser Gegend der Grund des fantastischen Pinkaufkommens waere. Waehrend ich persoenlich den Fischfarmbann auch begruesse, kann ich mir aber kaum vorstellen, dass diese letztjaehrige Massnahme schon so schnell so gravierenden Erfolg gehabt haben soll. Aber wer weiss – ich freue mich jedenfalls ueber jeden gute Nachricht dieser Tage!


    Um etwa 15:00 Uhr packten wir ein – ich hochzufrieden, Dave etwas nachdenklich ob seiner suboptimalen Vorstellung.


    27.7. 2022; Malcolm Island, Tag 1


    Die 3. Angeltour dieses Jahr stand letzte Woche an – unser jaehrlicher Trip nach Malcolm Island, ca. 6h noerdlich von Victoria, an der nordoestlichen Seite von Vancouver Island gelegen. Seit vielen Jahren machen Dave und ich diesen Trip und normalerweise haben wir einen meiner Jungs dabei. Dieses Jahr war ein bisschen anders da beide meiner Soehne so langsam ihrer eigenen Wege gehen und zufaelligerweise beide diesen Sommer in Deutschland verweilten. So war es nur Dave und ich – wie ein altes Angelehepaar. Wir hatten noch ueberlegt einen anderen Angelfreund dazu einzuladen aber hatten davon letztendlich abgesehen. Malcolm Island ist schon etwas Besonderes und nichts fuer jedermann. Diese Insel wurde vor ueber hundert Jahren von einer finnischen Siedergruppe besiedelt, die die einheimischen Indianer verdraengt hatten. Wahrscheinlich eine der vielen seltsamen religoesen Sekten die ihre Eigenheiten und Kulte fuer sich und weg von jeglicher institutionellen Bevormundung ausleben wollten. Jahrzehntelang blieben diese Siedler fuer sich abgeschieden und lebten von Fischfang, Bootsbau und Forstwirtschaft. Bis heute wollen die Malcolmer nicht wirklich viel mit der Aussenwelt zu tun haben; es gibt kaum touristische Infrastructur; kein Hotel oder Motel, nur einen kleineren Wildnis-Campingplatz. Kein Restaurant oder Pub und die einzige Marina in Sointula (800 Pop.) bietet Fremden nicht so ohne Weiteres Liegeplaetze an. Es gibt keine grossen Stores oder Shoppingplaetze und keinerlei Touristenattraktionen. Die Leute sind sehr alternativ-hippy-maessig angehaucht. Wirklich ein seltsamer Platz!


    Aber die Natur ringsherum ist ueberwaeltigend schoen! Das 360 Grad Bergpanorama; auf der oestlichen Seite zum gewaltigen Kuestengebirge auf dem Festland hin und nach Westen das alpine Gebiet auf Vancouver Island. Dann umgeben von der Queen Charlotte Strait – wohl eines der produktivsten Binnenmeere an der Pazifikkueste. Es liegt geschuetzt hinter Vancouver Island und somit ohne Duenung, aber durch die Meeresengen trotzdem dicht verbunden mit dem offenen Pazifik, so dass die volle Artenfuelle des Pazifiks hier hereinkommt. Die wilden Gezeitenstroemungen durch die angrenzenden Meeresengen verlangsamen sich in dem grossen Becken der Queen Charlotte Strait und dadurch sammelt und setzt sich da allerlei Futter ab in diesem riesigen Sammelbecken. Schaltet man den Bootsmotor aus, vergeht keine Minute in der man nicht in irgendeiner, und oft aus mehreren Richtungen, das Schnaufen und Prusten von einer Vielfalt an Meeressaeugern hoert. Wenn das Meer ruhig ist, sieht man ueberall Walfontaenen aufsteigen und frueher oder spaeter kommt man an Orcas, Buckelwalen, Definen, Seelowen, Robben und Seeottern vorbei – ohne wirklich danach zu suchen.


    Und natuerlich lieben auch die Fische diese angeschwemmte Futtervielfalt! Alle 5 pazifischen Lachsarten schwimmen durch die Strait an beiden Seiten von Malcolm Island vorbei, auf dem Weg zu ihren Heimatfluessen nah und fern im Sueden. Heilbutte sind zahlreich vorhanden und an den Felsriffen allerlei Lingcods und Felsenbarscharten. Hier hat man die volle Palette des offenen Pazifik ohne die rauen Offshore-Bedingungen. Viele Paddler, Segler und Booter kosten das aus. Angler zieht es auch hierher aber die ungastlichen Bedingungen auf Malcolm Island halten die Zahl der Angler um Malcolm Island begrenzt. Einige kommen von Port McNeill oder Telegraph Cove von Vancouver Island aber bis zur noerdlichen Seite von Malcolm ist das schon eine gute Stunde Fahrt und bei heutigen Spritpreisen fuer viele Abschrenkung genug. Dave und ich sind darueber nicht boese denn der begrenzte Anglerverkehr ist sicherlich schoen fuer die paar die die Moeglichkeit haben auf Malcolm Island zu gastieren. Daves Frau wuchs auf Malcolm Island auf und dadurch hatte Dave Beziehungen zur lokalen Szene. Wir wohnten wie schon seit Jahren in einer kleinen Suite bei einem aelteren Paar – Frank und Donna – die diese Suite ein paar Mal im Jahr vermieteten. Am liebsten nur an Leute die sie kennen. Die beiden kuemmerten sich wie immer ruehrend um uns. Frank hatte fuer Angler wie uns eine funktionale Schlachtbank in seinem Garten gebaut. Ausserdem hatten sie grosse Gefrierkapazitaeten und Vaccumverpackgeraete. Fuer einen Liegeplatz an der Government Wharf sorgte Frank auch – die 6 oder 7 vorhandenen Kleinbootsliegeplaetze waren restlos mit einheimischen Booten belegt – das ganze Jahr. Fremde haben hier keine Chance in Mitchell Bay ueber Nacht am Dock zu bleiben. Aber Frank zieht jedes Mal wenn wir kommen sein Boot heraus oder vertaeut es an seinem Nachbars Boot und macht so fuer unser Boot Platz. Nur mit dieser Art Arrangements mit Einheimischen kann man hier auf Malcolm Island Urlaub machen. Eine einzige Ausnahme gibt es fuer Angler – Malcolm Island hat eine Fishing Lodge – die fruehere Sunds Lodge – jetzt Sointula Lodge genannt. Ueber diese bin ich ueberhaupt erst vor 12 Jahren das erste Mal hierhergekommen. Ein feines Konzept mit vollem Verwoehnprogramm hatte die alte Sunds Lodge mir damals geboten. Ich weiss nicht genau ob das neue Management unter neuem Namen etwas gross veraendert hat, aber wer das Geld fuer so einen Trip hatte, bekam viel Fisch und Komfort fuer sein Geld geboten und eine fast schon einmalige Gelegenheit diese Gegend hier zu befischen.


    Unser erster Tag war praktisch nur die Anreise. Wir liessen das Boot in Alder Bay auf Vancouver Island ins Meer und waehrend Dave mit dem Truck auf die Faehre ging, schipperte ich das Boot nach Mitchell Bay. Das Wasser war spiegelglatt und da Dave etwa 2h bis zur Unterkunft brauchen wuerde, konnte ich mir mit der Ueberfahrt Zeit lassen. Am besten geht das mit Ruten im Wasser. Als ich die Haelfte der Strecke hinter mir hatte, setzte ich eine Blinker und eine Shrimprute an den beiden Downriggern ein und schleppte praktisch bis vor den Dock in Mitchell Bay. Es dauerte nicht lange und die erste Rute wippte wild los! Klasse! Ein feister unmarkierter Coho kam ans Boot. Hier durfte man 1 unmarkierten und 1 markierten Coho pro Tag behalten. Aber ich beschloss heute noch kein Schlachtfest anzufangen. Und als ob die Fische das gehoert haetten, stuerzten sie sich nun regelmaessig auf die Koeder. Ich fing noch einen Coho und einen Pink und verlor noch ein paar in den Drills. Was fuer ein Spass. Die Bisse kamen noch haeufiger je dichter ich zum Dock in Mitchell Bay kam. Es sprangen auch etliche Lachse voll aus dem Wasser in der Bucht. Hier musste ja was los sein im Wasser – die Bucht wimmelte nur so von Pinks (Buckellachsen) und Cohos.


    Dave erwartete mich schon und dann bezogen wir erstmal unser Quartier. Bis wir uns eingerichtet hatten und mit unseren Vermietern noch ausfuerhrlich gequatscht hatten, war es schon zu dunkel geworden fuer eine Nachtausfahrt. Dafuer wuchs die Vorfreude auf morgen! Es sollte windstill werden und Frank erzaehlte von grossen Mengen an Pinks und Cohos. Wir hofften aber auch auf ein paar grosse Chinooks!


    1.7. 2022; Dore Lake, Sask, Tag 5


    Happy Canada Day! Unser letzter Morgen am kanadischen Nationalfeiertag. Und der Wind sollte morgens noch mitspielen – der aufkommende Wind am Nachmittag konnte uns schon egal sein. So gegen 13:00 Uhr wollten wir wieder bei der Huette sein um zu packen.


    Paul fuhr uns ein letztes Mal zur gegenueberliegenden Seeseite und wollte noch ein paar jungfraeuliche Stellen abtasten – irgendwo musste doch noch ein grosses Krokodil auf Lauer liegen! Die ersten zwei Stellen schleppten wir wieder unsere Koeder an einer Kante mit Kraut entlang. Und wie immer stiegen auch bald die ersten mittleren und kleinen Hechte ein. Ein oder zwei Zander waren auch wieder dabei. Paul trug uns auf noch vielleicht 2 Hechte mitzunehmen – falls sich welche dafuer eignen sollten – er wollte sie nicht zu gross und nicht zu klein und normalerweise nahmen wir nur Tiefschlucker mit. Dann draengelten wir Paul uns noch zu einer guten Spinnangelstelle zu fahren. Die Schlepperei war Pauls Lieblingsmethode aber auf unserem Trip hatten die groesseren Fische meist beim Werfen ins Kraut gebissen. Schliesslich fand uns Paul eine tolle total windstille Bucht hinter einer Insel – malerisch. Das Wasser war hier in Wurfdistanz zum Ufer 3-4 m tief und es war sehr klar, im Gegensatz zu anderen Stellen im See die wir beangelt hatten.


    Und hier ging es ploetzlich nochmal richtig rund. Ricardo hatte seinen zerfledderten Lieblingswobbler austauschen muessen da nun sogar die Tauchschaufel abgefallen war. Der hatte bestimmt 50-60 Fische alleine gefangen und hatte seine Rente verdient. Er benutzte dafuer jetzt einen grossen silber-chromigen Einteiler – den ich schon ueber die Tage paar Mal ohne Erfolg versucht hatte. Aber nun schienen die Hechte ihn zu moegen oder Ricardo wusste ihn besser zu fuehren. Ricardo hatte nun fast auf jeden Wurf entweder einen Nachlaeufer oder einen Biss. In dem klaren Wasser konnte man die Hechte schoen anrauschen sehen und sogar einige Bisse verfolgen. Super Spass! Ian wurde auch mutig und haengte mal den weissen Gummifisch, den uns ein anderer Angler vor Tagen geschenkt hatte, dran. Und ploetzlich war auch er am Fisch! Heute hatten die Hechte wohl ihre Launen abgelegt und waren auf alles hungrig! Ich versuchte einen deutschen Gummifisch XXL – entweder einen Riesen oder gar nichts. Doch das war wohl dann doch des Exotischem zuviel. Alec versuchte mal einen grossen Spinner und schau mal einer an, auch er fing ein paar Hechte und sogar noch einen fetten Zander. Hier in der Bucht mussten die Raubfische ja wieder gestapelt stehen denn wir hatten Null Drift und fingen 360 Grad um das Boot herum Fisch auf Fisch.


    Ian brachte nun schon seinen zweiten Hecht am weissen Gummi zum Boot. Als ich den Hecht fuer ihn abgehakte hatte und er seinen Gummifisch nur dicht am Boot im Wasser spielen liess, sah man warum der faengig war – ein sehr verfuehrerisches Spiel. Da kam ploetzlich aus der dunklen Tiefe ein grosser Schatten auf den Koeder zugeschossen und attackierte ihn! Mann, das war ein U-Boot! Wir waren richtig erschrocken und Ian bekam einen moerderischen Ruck in der Rute und er hielt einfach nur dagegen. Leider dauerte dieses Spektakel nur ein paar Sekunden denn dann hatte der Hecht den Koeder irgendwie schon wieder abgeschuettelt. Schade, schade… das waere nochmal ein Konkurrent fuer den ersten Preis gewesen.


    Ich montierte an meiner Rute einen 30cm langen schwarz-silbernen Megawobbler. Dessen Tauchschaufel konnte man auf 3 Positionen verstellen. Cooles Ding. Aber schwer zu werfen – dafuer braeuchte man einen richtig steifen Knueppel. Waehrend um mich herum immer wieder mal was gefangen wurde, konzentrierte ich mich auf meine Wuerfe und die Koederfuehrung. Ich sah in Ufernaehe einen grossen Felsbrocken unterwasser liegen. Ich schmiss meinen Wobbler bis knapp dahinter und zog schnell an um ihn beim Stein schon auf Tiefe zu haben. Da gab es einen heftigen Ruck und gleich weitere Rucke – aha Biss! Ich riss dagegen was das Zeug hergab um einen der drei grossen Drillinge einzutreiben. Der hing! Eine kurze heftige Flucht aber dann konnte ich schon Druck machen. Hechte sind keine ausdauernden Kaempfer wir Lachse aber sie haben ein paar kurze Sprints in sich und dann am Boot allerlei Tricks um die Haken doch noch abzuschuetteln. Ich konnte den Hecht bald schoen im klaren Wasser tief unter dem Boot sehen. Ein langer Kerl. Es koennte noch mal knapp werden – fuer meine eigene Fuehrung – der koennte einen Meter haben. Bald hatte ich ihn gebaendigt und neben dem Boot – ein beherzter Griff an den Nacken und ich konnte ihn aufs Casting Deck legen. Klasse Fisch. Aber er hatte den Wobbler voll inhaliert – Zwei der Drillinge sassen tief im Schlund und in oder nahe der Kiemen. Der wurde wohl Paulfutter! Wir vermassen ihn und kamen auf 94cm. Knapp zu kurz. Es sollte eben nicht mehr werden mit dem Dore Lake Meterhecht. Oder doch?


    Die Jungs waren nochmal ermutigt durch meinen Fang – vielleicht war ja noch sein groesserer Kumpel in der Bucht. Es kamen noch ein paar Fische zum Boot aber keiner kam mehr an mein Fuehrungshecht von vor paar Tagen heran. Aber es war noch mal ein toller Abschluss eines fantastischen Angeltrips. Der Dore Lake hatte geliefert, und wie. Aber hatte auch nicht alles hergegeben; die Meterhechte waren uns verwehrt geblieben – einer nur wegen unserer eigene Schusslichkeit. So hatten wir noch einen Grund um von einer Wiederkehr zu traeumen. Auch der kleine Shirley Lake hatte begeistert. Manchmal muss man eben eine lange Anfahrt in Kauf nehmen und ein bisschen verrueckt sein um was Tolles zu erleben. Wir bedankten uns herzlich bei Paul und Laura, dass sie ihr kleines Paradies so freigiebig mit uns geteilt hatten. Dafuer brachten wir ihnen eine grosse Rutsche Fischfilets zurueck zu ihrem Haus in Alberta.


    Auf dem langen Heimweg liessen wir viele der Erlebnisse nochmal vor uns ablaufen. Wir teilten schon die ersten Fotokollagen. In Alberta hielten wir mal zu Beinevertreten und Pinkeln an einem herrlichen Wiesenbach an. Natuerlich kramten wir nochmal zwei Spinnruten heraus. Und tatsaechlich fing Ricardo einige kleinere Forellen und zwei kleine Saiblinge (Bull Trout). Da er leider in allen bisherigen 3 Fischkategorien fuer den Mones Cup leer ausgegangen war; bei den Forellen nur wegen einer Formalitaet – er hatte die Schwerste gefangen aber Alec die Laengste und ich als Schiri hatte vorher Laenge als Mass festgelegt – fuehrte ich kurzentschlossen noch eine Saiblingskategorie ein und die gewann er konkurrenzlos mit satten 20 cm!


    30.6. 2022; Dore Lake, Sask, Tag 4


    Der vierte Tag war leider sehr windig – zumindest vor unserer Huette am Strand. Und zu windig um wieder auf die andere Seeseite zu duesen. Aber Paul hatte einen Ausweichplan. Es gab in einer der oestlichen Buchten noch eine Bootsrampe die zu windgeschuetzten Seeteilen fuehren sollte. Nur viel Erfahrung hatte Paul nicht mit dieser Seeseite. Nach unserem kleinen Propellermissgeschick am ersten Tag wollten wir an neuen Stellen sehr vorsichtig sein. Ausser dem Wind war es ein herrlich sonniger und warmer Tag.


    Schnell waren wir nach dem Fruehstueck auf dem Wasser und die Uferseite der Bucht wo die Bootsrampe war, war auch gut windgeschuetzt. Je weiter man vom Ufer weg kam desto hoeher bauten sich die Wellen jedoch auf. Selbst diese Bucht hier war mehrere Kilometer breit. Paul suchte sich eine Strecke parallel zum Ufer wo es in etwa 3-4 m tief war, und dort schleppten wir entlang. Alec und Ian setzten wie immer auf die altbewaehrten blau-chromigen Crankbaits, Ricardo auf seinen zerschredderten aber immer noch faengigen gold-chrom Zweiteiler und ich probierte wiedermal alles in der Koederbox – nur zum Spass und zum Probieren.


    Es war zwar nicht die verrueckte Beiserei wie in der kleinen Altarmbucht, aber es war stetige Action. Alle 10 – 15 Minuten hatte jemand einen Biss und brachte entweder einen schoenen, mittleren Hecht oder einen sehr ordentlichen Zander ans Boot. Immer wenn wir ein Krautfeld ueberquerten bekamen wir entweder eine Krautfahne an die Haken oder einen Biss. Die Fische standen hier im Kraut. Ich hatte am wenigsten Action – weil ich mich eben nicht mit dem Einheitskoeder abfinden wollte. Ich musste ja auch nichts mehr beweisen – ich lag ja in Fuehrung in der Hechtkategorie!


    Wieder kamen wir an einer grossen Pelikankolonie vorbei. Die waren fleissig auf einer Untiefe im flachen Wasser auf Nahrungssuche. Paul hielt zu diesen Untiefen gehoerig Distanz. Nach 3h Schlepperei wollten wir noch etwas werfen. Paul liess das Boot dazu am Krautrand driften und wir feuerten unsere Koeder Richtung Ufer und Krautguertel. Aber wir fingen nur noch ein oder zwei kleinere Hechte auf diese Weise. Also ueberall standen die Hechte auch nicht gestapelt. So machten wir heute etwas frueher Schluss; wir wollten heute Abend nochmal einen Ausflug zum kleinen Shirley Lake machen. Auch Paul und Ian wollten diesmal das Forellenspektakel erleben.


    Wir nahmen diesmal unser Abendbrot etwas frueher zu uns und packten das Faltboot auf’s Dach und haengten Paul kleines Aluboot am Haenger hinten an mein Auto. Gegen 18:00 Uhr machten wir uns auf den Weg. Damit waren wir eine Stunde frueher als gestern am See. Wir schoben zuerst das Aluboot ins Wasser und Paul, Ian und Alec fuhren los. Ricardo und ich bauten noch 10 Minuten das Faltboot zusammen und folgten dann den Anderen. Ich hatte vorher noch alle Angelkisten von Paul in der Huette durchgekramt und ein paar brauchbare Wobbler gefunden. Ich hatte sogar den exakt gleichen Wobbler, den Alec gestern so erfolgreich eingesetzt hatte, gefunden. Alec hatte naemlich keine Anstalten gemacht, ihn mir wiederzugeben. Er benutzte alle Tricks um seine Fuehrung in der Forellenkategorie zu behalten!


    Es war heute Abend noch total windstill geworden. Ich versuchte mit dem Echolot den Futterschwarm wiederzufinden aber dieses Band in 4-5m Tiefe war heute nur noch andeutungsweise hier und da vorhanden. So schleppten wir unsere Wobbler erstmal kreuz und quer ueber den See. Nach einer Stunde hatte ich den ersten Biss – bis ich die Rute aus dem Halter gefummelt hatte war der Fisch schon weg. Mist. Ich machte eine Schleife und paar Minuten spaeter riss es wieder an meiner Rute und diesmal blieb was haengen. Nach ein paar Kopfstoessen kam der Fisch auf einmal auf’s Boot zugeschossen und ich dachte erst er waere weg. Aber dann bekam ich wieder Kontakt und jetzt spielte der Fisch neben und unter dem Boot verrueckt. Nicht ungefaehrlich aber irgendwann hatte ich ihn dann an der Oberflaeche neben dem Boot und Ricardo sackte ihn ein. Feine Sache! Der Fisch war nicht ganz so gross wie die Klopper gestern aber mit knapp 50cm und einem proppen Umfang war er bestimmt immer noch 5 Pfund. Die Anderen im Aluboot kamen vorbei und beglueckwuenschten uns und hofften ihrerseits auf weiteren Erfolg. Aber beide Boot konnten in der naechsten Stunde keinen weiteren Fisch verbuchen. Ricardo experimentierte mit einem vorgeschalteten Blei um groessere Tiefen zu erreichen. Das war aber auch nicht der Trick.


    Es musste erst die magische Daemmerstunde kommen. Die Sonne verschwand hinter den Baumwipfeln, der See war glatt wie ein Spiegel und nun wurden wohl die Monster wach. Ricardo zeigte auf Alec der ploetzlich im Aluboot mit einer krummen Rute stand. Man konnte seine Aufregung und Begeisterung halb ueber den See hoeren. Wir sahen ein paar grosse Platsche auf dem Wasser – der Fisch musste kraeftig springen. Dann hoerten wir den Siegerjubel. Und so ging es die naechste Stunde weiter. Ricardo und ich verbuchten 3 oder 4 kurze Bisse und Rucke an unseren Ruten aber nichts blieb mehr haengen fuer uns. Dafuer legte sich das Aluboot maechtig ins Zeug. Alec fing noch einen riesigen Brocken – wir beobachteten aus sicherer Entfernung 4 oder 5 Meterspruenge aus dem Wasser – jeder wurde von Alec mit einem lauten Ausruf bezeugt - und dann ein wildes Spiel um und unter dem Boot bis Ian endlich den Fisch keschern konnte. Alec hob den Fisch fuer ein Foto hoch – wieder eine lachsaehnliche Forelle! Und sie verbuchten weiterhin Bisse. Paul hatte erst eine dran aber verlor sie in einem Sprung weil er sich mit seiner gerade operierten Huefte nicht umdrehen konnte. Beim naechsten Biss schlug er nur an und uebergab dann die Rute an Alec der so die naechste Steroidforelle ins Boot brachte.


    Und schliesslich machte Alec seinen Hattrick komplett und packte noch eine dazu. Ian war leider leer ausgegangen, war aber Zeuge dieses Spektakels geworden. Ricardo und ich machten zuerst Schluss um das Faltboot nicht wieder zur schlimmsten Mueckenzeit zusammenpacken zu muessen. Es war schon schlimm genug! Und dann kamen die anderen 3. Was fuer eine Rutsche an Prachtforellen! Eine verrueckte Fischerei! Zurueck an der Huette schnitt ich noch von allen Forellen die Filets ab und Nach dem Vakuumverpacken sah der Gefrierschrank gut gefuellt mit lachsroten Fischfilets aus. Wir wollten die auf dem Rueckweg fuer Paul und Laura mit zu deren Haus nehmen. Da brauchte Paul gar nicht mehr zum Lachsangeln zur Westkueste kommen.


    Wieder hatten 2 der Forellen so knapp 60 cm und 7,5 Pfund auf den Rippen. Alec war eindeutig der King der Forellen – mit meinem Koeder, den er nur sehr ungern wieder abgab! Paul aber war fasziniert von einer neuendeckten Fischerei so dicht an seinem Sommersitz. Wenn sein Sohn kommt, wuerden sie es wieder versuchen! Wir haetten auch gerne noch mehr Moeglichkeiten am Shirley Lake gehabt aber morgen war unser letzter Morgen bevor wir nachmittags die lange Heimreise antraten.